Wer es mit dem Radsport Manager nicht gut meint (aber die Spiele immerhin kennt und daher immerhin vom Radsport Manager 2016 hörte), beschwert sich Jahr um Jahr darüber, dass es kein Doping gibt. Und auch sonst keine wirklich weiterführenden neuen Spielmechaniken. Aber vor allem kein Doping. Neuerdings vermissen manche Experten einen quasi-kriminellen Cheat-Mode, bei dem die Räder mit kleinen Elektromotoren unerlaubter Weise aufgepimpt werden können. Der zahlenmäßig überschaubare, aber außerordentlich treue Freundeskreis der Serie zuckt bei solch alberner Kritik derweil gelangweilt mit den Schultern. Vielleicht erhebt sich nur ganz kurz missbilligend eine Augenbraue. Wahrscheinlich wird das Genöle einfach wegignoriert.

Der Radsport Manager 2016 – dieses Jahr wieder mit der Tour de France als Label – könnte tatsächlich mit einem gravierenden Problem kämpfen: Der mehr als soliden Kompetenz der Entwickler. Denn eigentlich hätte die Serie mit dem 2015er-Vorgänger eingestellt werden sollen. Das Balancing in den Rennen ist perfekt, der Manageranteil funktioniert sogar langfristig über mehrere Saisons hinweg und auch optisch wurde ein Level erreicht, der für sein Genre (Simulation) mehr als nur okay ist. Aber irgendwas muss halt jedes Jahr auf´s Neue passieren und so „entwickelt“ Cyanide mit Tour de France 2016: Der Radsport Manager eine Art lässig-optimierten zweiigen Zwilling des Vorgängers, der sich – wenn ich mich nicht irre – lediglich in zwei gravierenden Punkten vom älteren Geschwisterchen unterscheidet.

Radsport Manager 2016

 

Nummer Eins: Ein ausgebauter Multiplayer. Interessiert das jemanden? Ich glaube nicht. Zumindest mich nicht. Ich habe zwar tatsächlich Freunde und darunter sind sogar welche, die Videospielen einiges abgewinnen – aber den Multiplayer einer Radrennsimulation werden sie sich nicht antun. Ich auch nicht. Vielleicht ist das schade. Ich weiß es nicht.

Nummer Zwei: Das UI in den Rennen. Hier horcht der Radsport Manager-Connaisseur auf, während der Rest wegdämmert (sofern das nicht schon längst geschah). Denn wenn es etwas am 2015er Radsport Manager zu meckern gab, dann waren es die klitzekleinen Minibuttons am rechten Bildrand, mit denen man u.a. die Spielgeschwindigkeit und die Kamera steuerte. Schon auf einem 15‘‘-Notebook fühlten sich die Rennen in gewissen Phasen beinahe unangenehm an, wenn man nicht seinen Fahrern und der mühsam ausgeklügelten Strategie die volle Aufmerksamkeit schenken konnte, sondern hin und wieder irgendwelche Menüs wegklicken musste. Drama. Da dachte sich Cyanide: Das müssen wir ändern. Und das taten sie. Jetzt sind die Buttons größer und wurden am oberen Bildrand platziert. Eine gute Lösung. Die natürlich auf gar keinen Fall letztes Jahr via Update hätte nachgereicht werden können.

Tour de France 2016

War´s das an, äh, Innovationen? Nein, nicht ganz. Ehre, wem Ehre gebührt und da wollen wir doch die neuen Ladebildschirme nicht vergessen. Natürlich sind sie nur ein Detail am Rande. Aber: Sie bieten während der weiterhin bemerkenswert langen Ladezeit alle Informationen zur Strecke, dem Klassement und jeweiligen Favoriten, die benötigt werden. Und es gibt Schlimmeres, als vollständig gebrieft eine Etappe zu starten.

Die Rennen zu fahren ist in Tour de France 2016: Der Radsport Manager immer noch eine wahre Freude. Wer mag, kann sich im Mikromanagement verlieren oder sich als ungeduldiger Spochtskamerad auf die wichtigen Phasen im Rennen beschränken, ohne den ganz großen Nachteil zu haben. Mir ist es beispielsweise wichtig, nicht immer nur den gleichen Fahrer als Lakaien zu nutzen, der die Trinkflaschen für die Stars besorgen muss. Das wäre unfair und mich so herrschaftlich aufzuführen mag ich nicht. Demgegenüber setze ich in meiner globalen Teamstrategie nie auf Sprinter, sondern immer nur auf Etappenfahrer und Bergflöhe. Ausgewogen ist das nicht, aber meinem Spielstil entsprechend und es funktioniert ja auch. Jedenfalls: Solch eine perfekte Verbindung aus akkuratem Gameplay und Flexibilität wie in Tour de France 2016: Der Radsport Manager sieht man selten. Ohne jeden Abzug gilt für jede Taktik: Wer gewinnt, hat es sich verdient und wer das Rennen verpeilt, weiß auch warum. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Gemeint habe ich es als Kompliment.

Dieser wunderbare Beitrag erschien zuerst bei polyneux.