Wer The Act in eine der bekannten Schubladen stecken möchte, dürfte ins Schlingern geraten. Hat der Entwickler React Entertainment einen interaktiven Cartoon erschaffen oder ist es eher eine Quick-Time-Orgie, nur dass nicht auf Buttons gehämmert, sondern nach links und rechts auf dem Touchpad gewischt werden muss? Vielleicht ist The Act doch eher ein liebenswerter Mix aus Cartoon und Romantikcomedy, das mit ein paar Gameplaymomenten angereichert wurde? Sicher ist: In diesem iOS-Game für iPhone und iPad steckt sehr viel Herzblut, Köpfchen und Humor.

Unser Held heißt Edgar und putzt die Fenster eines Krankenhauses. Während der Arbeit legt sich sein dauerverschlafener Bruder Wally in ein Krankenbett – was leider einem Patienten gehört, der in Kürze eine Gehirntransplantation erhält. Zudem verliebt sich Edgar auf den ersten Blick in die hübsche Krankenschwester Sylvia und versucht nun, nicht nur Wally zu retten, sondern auch Sylvia´s Herz zu gewinnen. Seine Gegner sind der Sicherheitsmann, der Oberarzt, der Chef der Putzkolonne – und Edgar selbst. Beziehungsweise wir als Gamer, die Edgar in verschiedenen Situationen steuern.

Die wunderbare Casablanca-Tagtraumsequenz. Wir können entscheiden, wie cool und hart Edgar flirtet. Aber Achtung, wer sich zu sehr in der Rolle des lässigen Playboys gefällt, riskiert Sylvias Gunst zu verlieren.

Dabei stehen uns mit dem Wisch nach links und dem Wisch nach rechts nur zwei Gesten zur Verfügung. Bei der zu Herzen gehenden Casablanca-Szene steht der Linkswisch für Schüchternheit und der Rechtswisch für selbstbewusstes Flirten. Durch die richtige Kombination der Gesten – bei der die Reaktion der Herzensdame auf unsere Handlungen jeweils immer genau beachtet werden sollte – gewinnt Edgar (erst einmal nur im Tagtraum) das Herz von Sylvia.

Nach diesem immergleichen Prinzip funktioniert The Act. Dennoch kann man sich über Abwechslung nicht beklagen, denn Edgar´s Aktionen sind immer kontextabhängig. Besonders dann, wenn wir auf Zwischentöne Acht geben müssen, spielt The Act sein Potenzial aus. Und verschenkt es leider zwischendurch bei Hauruck-Szenen, die nur durch Trial & Error bewältigt werden können. Mein Favorit und schönster Moment ist die Szene am Fahrstuhl, als Edgar versucht als Arzt unter Ärzten durchzugehen. Er muss in den richtigen Momenten bei den Witzen des Oberarztes mitlachen und wenn seine Gottheit in Weiß wieder ernst wird, sich brav in die Ärztehorde einordnen und auch betreten dreinschauen. Stimmt das Timing, ist er von der Ärzte-Herde akzeptiert und rettet sich in den nächsten Schlamassel.

In seinen stärksten Momenten erinnert The Act an Comedy irgendwo zwischen Peter Sellers und Mr. Bean.

Der kommt bestimmt und leider auch sehr früh das Ende. Viel zu früh. Zu einer Zeit, als sich alle wesentlichen Charaktere aus The Act gerade einen festen Platz in meinem Gamerherz eroberten, ist knallhart Schluss. Das muss geradezu angeprangert werden, denn nicht einmal 30 Minuten sind für ein iOS-Game, das mehr als zwei Euro kostet, für App Store-Verhältnisse einfach viel zu wenig. Auch wenn eine zweite Runde, in der man beispielsweise nur experimentiert und Edgar genau das machen lässt, was er eigentlich tunlichst unterlassen sollte, vielleicht noch unterhaltsamer ist als der erste Versuch, fühlt sich The Act trotzdem zu kurz an. Vor allem, weil innovative, amüsante, kluge und mit sehr viel Herz entwickelte Spiele nie lange genug dauern können.