Ende Mai kommt das Surface Pro laut Microsoft nach Deutschland. Schön und schade zugleich, denn wer interessiert sich hierzulande noch für das Tablet, das mit vollwertigem Windows 8 durchaus in Sachen Anmutung und Funktionalität der iOS– und Android-Konkurrenz die Rücklichter zeigen könnte? Wohl kaum noch jemand. Schade drum, aber wer glaubt, dass ein Hype außerhalb der USA über knapp ein Jahr lebendig bleibt, hat entweder keine Ahnung oder ist gleichgültig gegenüber den Verkaufszahlen des Surface Pro in Europa. Mal abgesehen von den Surface Pro-Problemfeldern Akku und Preispolitik verpasst Microsoft eine große Chance, sich im Massenmarkt zu positionieren. Mit der vergleichsweise schwachen integrierten Intel HD 4000 hätten PC-Spieler eh schon ihre Probleme, aber mit einem attraktiven Marktplatz und exklusiven Spielen hätte das Surface Pro sogar trotz fehlender Power attraktiv sein können.
Wer Geräte liebt, die platt wie eine Flunder sind, über einen Touchscreen verfügen und PC-spieletauglich sind, muss schon tiefer in die Tasche greifen. Da neben dem Surface Pro auch die schon länger erhältlichen Konkurrenten von Dell, Acer & Co allesamt nur mit der Intel HD 4000 ausgerüstet ist, verstärkt sich der schon rund um den Windows 8-Launch herum aufkeimende Verdacht, dass PC-Spieler nicht mehr unbedingt zur bevorzugten Zielgruppe der Gerätehersteller gehören. Ein Blick auf den Windows Store lohnt etwa nur für den anspruchslosen Casual Gamer oder für Kinder. Das beste Spiel dort ist mit Abstand Pettersons Erfindungen, dass nicht exklusiv, sondern auch für iOS und Android erhältlich ist. Mir ist diese Strategie ein (ärgerliches) Rätsel: Wenn es überhaupt noch ein Wachstum im PC-Sektor gibt, dann im Spielesektor dank Steam und Konsorten sowie den höherklassigen Free2play-Games und MMOs.
Schick und durchaus attraktiv ist das Ende nächsten Monat auch bei uns erscheinende Surface Pro. Aber: Für Core-Games ist es kaum geeignet, sondern eher ein überdimensionierter Mediaplayer und Business-Gerät.
Dabei ist es durchaus möglich, die Windows 8-Welt mit den Touch-Spielereien und den Anforderungen von PC-Gamern zumindest halbwegs zu vereinbaren. In dem Sinne, dass daraus ein Mehrwert und User-Erlebnis wird, das iPad & Co nicht bieten können. Samsung prescht mit hier mit seiner Series 7 über die von Intel festgelegten Ultrabook-Anforderungen hinaus und verbaut zusätzlich zur HD 4000 noch eine dedizierte Grafikkarte. Zwar ist die AMD HD 8550 kein Wunderwerk und eher in der unteren Mittelklasse einzuordnen, kann aber auch aktuelle Titel wie etwa Bioshock Infinite zumindest auf mittleren Einstellungen und einer Auflösung von 1600 x 900 Pixeln problemlos handeln, was bei einem 13,3“-Display mit kräftigen Farben immer noch hervorragend aussieht.
In der teuersten Touch-Variante der Series 7 sollte sich die Preisschraube in den nächsten Monaten von den aktuell aufgerufenen rund 1.350 Euro spürbar weiter nach unten drehen – auch dank wohl kommender Konkurrenz und leistungsstärkerer Convertibles. Ohne Touch-Display und mit einem i5- anstelle eines i7-Prozessoren wird schon heute die 1.000 Euro-Grenze unterboten. Allerdings: Windows 8 macht nur richtig Spaß und Sinn, wenn der Finger die Maus ersetzt. Hier punktet natürlich das Surface Pro mit glasklarem Display und ruckelfreier Steuerung – nur ein XCOM wäre etwa nicht ansatzweise spielbar. Dafür packe ich beim Series 7 gerne die Maus aus und ignoriere sie sonst. Windows 8 ist dann stark, wenn es dem User die Wahl lässt, wie er es nutzen will.
Das Samsung Series 7 Ultra Touch ist wertig in jeder Hinsicht und aktuell das einzige Device, dass Windows 8 und PC-Spiele optimal miteinander verbindet.
Neben dem hohen Preis hat das Samsung Series 7 Ultra Touch-Modell einen einzigen weiteren, dafür aber nicht zu unterschätzenden Nachteil, der natürlich bau- und typbedingt ist: Die Tastatur. Funktional mehr als über jeden Zweifel erhaben, macht sie das Gerät im Vergleich zum Surface Pro und anderen Tablets eine Spur sperriger. Allerdings zahlen die User des Surface Pro auch einen Preis für den höheren Komfort: Die beiden Tastatur-Typen halten qualitativ nicht im mindesten mit denen eines Notebooks oder Ultrabooks mit.
Man sieht: Wer als PC-Spieler gerne Windows 8 richtig nutzen möchte und nicht nur auf sein Gaming-Desktop-PC oder klobiges Gaming-Notebook vertrauen mag, muss leider weiterhin Kompromisse eingehen. Und das ein halbes Jahr nach dem Launch des Betriebssystems! Da haben Microsoft und seine Partner (bzw. Konkurrenten) die Zeichen der Zeit nicht erkannt oder leichtfertig eine wichtige und recht zahlungsfreudige Zielgruppe ignoriert. Beides ist nicht clever. Dass der Verkaufsstart des Surface Pro in Deutschland kaum noch jemanden interessiert, hat sich Microsoft mit seiner seltsamen Launchpolitik selbst zuzuschreiben. Businesskunden halten keinen Hype aufrecht und bedienen sich eher bei der Konkurrenz, als es Microsoft lieb sein kann. Und die Spielergemeinde wartet entweder noch ab oder bleibt gleich bei den alten Notebooks mit Win 7, sofern sie nicht bereit ist, tiefer ins Portemonnaie zu greifen – was wohl nur für eine Mini-Minderheit zutreffen dürfte. Das kann Microsoft & Co eigentlich auch nicht recht sein.
2 Comments
Phinphin
Mich reizen solche Tablets wirklich. Aber wie du schon sagtest: Nicht für den Preis und nicht mit einer HD4000
Jens
Ja, an sich sind das alles feine Geräte, auch das Dell XPS 12 könnte richtig gut sein, wenn ein wenig mehr Power unter der Haube wäre. Vielleicht ändert sich die Lage, wenn AMD mal aus den Puschen kommt mit seinen neuen APUs.