Irgendwann fürchtet man sich nicht mehr vor der Dunkelheit. Oder einem Monster unter dem Bett. Oder vor Aliens. In Filmen schon mal gar nicht, aber auch was Spiele betrifft, legte ich mir mit den Jahren einen Panzer an. Alles schon irgendwie irgendwann gesehen. Dachte ich, bis es doch anders kam. Dead Space sorgte für den einen oder anderen intensiven und kalten Schweißausbruch, für Schrecksekunden, die bis ins Mark reichten und auch - leider, leider - für eine gehörige Portion Ekel.

Ganz ehrlich: Die wirre Story von Dead Space kriege ich nicht mehr zu 100 Prozent zusammen. Eigentlich war die Geschichte schon während des Spielens selbst irrelevant. Beim Horror geht es schließlich um das Gefühl des Grauens und das entsteht bei mir eher durch eine beklemmende Atmosphäre als durch clever verschachtelte Handlungsbögen. In Dead Space kämpfen wir uns als Isaac Clarke, einem Ingenieur auf dem Schiff USS Ishimura, größtenteils einsam durch dunkle Gänge. Wir versuchen nicht nur zu überleben, sondern auch zu verstehen, warum mit Necromorphen experimentiert wurde und wieso die Geschichte aus dem Ruder lief. Und während wir uns kreuz und quer durch das Schiff vorarbeiten, lauert stets das Unheil in Form nicht immer schön anzuschauenden Necromorphen hinter der nächsten Ecke. Oder über oder unter uns. Was nach einem 08/15-Third Person-Shooter klingt, wäre auch einer gewesen, wenn nicht die Inszenierung in der ersten Hälfte des Games seinesgleichen suchen würde. Wer im Dunklen spielte und den Ton ordentlich aufdrehte (Kopfhörer!!!), wird Dead Space wohl so schnell nicht vergessen.

Einer der harmloseren Necromorphen. Das weiß man aber erst, wenn man ihn sieht. Zu hören war er schon viel früher.

Der Wechsel zwischen Stille und dramaturgisch geschickt eingesetzten orchestralen Lärm - nämlich dann, wenn die Necromorphen es auf uns abgesehen haben - lässt zwischenzeitlich das Blut in den Adern gefrieren. Wobei in manchen Leveln, gerade im ersten Drittel des Spiel, die Angst vor der Konfrontation mit dem Bösen furchteinflößender ist als es die Kämpfe selbst sind. Wir wissen, dass jemand hinter uns her ist. Wir wissen nur nicht, wann es soweit ist und wie heftig es wird. Da verkrampft dann schon einmal die Nackenmuskulatur. Lange jagte mir die - nur von leisem Knarzen unterbrochene - Stille nicht mehr soviel Angst ein wie bei Dead Space, vielleicht seit der Kindheit nicht mehr.

Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte sich Dead Space auf diese Form des Horrors beschränkt. Einfach auf sich alleine gestellt durch Gänge zu schleichen und sich dabei mit Recht bedroht zu fühlen, ist schon Kunst genug. Da muss man dann von mir aus gar nicht zwingend Gliedmaßen der Necromorphen abschnetzeln oder mit Stase rumhantieren. Den einen oder anderen völlig zerpflückten Kollegen, den wir auf unseren Streifzügen begegnen, hätte sich die Entwickler ebenso sparen können. Irgendwann verliert der Horror ein wenig an Schrecken, weil Dead Space leider für meinen Geschmack zu krank wurde. In Dead Space 2 wurde es noch übertriebener. Anstelle an der Atmosphärenschraube zu drehen, ging es geschmacklich eine Etage tiefer (Beispiel: Der Kindergarten…). Und Dead Space 3 soll ein Koopshooter werden. Schade, was den reinen Horror betrifft (und ich meine damit eben nicht die Gewalt), hatte sogar die erste Hälfte von Dead Space noch ein wenig Luft nach oben - etwa durch Begegnungen mit Necromorphen, die nicht nach Schema F verlaufen. Leider ist den Entwicklern und dem Publisher die Luft vorher schon ausgegangen.

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