Manche Begriffe umschreiben ein weites Feld - sie sind medienübergreifendes Genre, Kunststil und Subkultur zugleich. Für den Steampunk trifft dies sicherlich zu. Mal abgesehen von dem Flair des Steampunks ist es interessant, dass ihm keine festen Grenzen gesetzt sind. Und damit gibt es viele Möglichkeiten, Steampunk-Elemente in Spiele einzubauen oder - mit Blick etwa auf das kommende Dishonored - sogar als umfassendes Setting zu nutzen. Besonders kreativ empfand ich das PlayStation Vita-exklusive Gravity Rush, weil es den mechanisch-grauen Retrofuturismus auflöste und dem Ganzen einen bunten und natürlichen Anstrich gab, ohne dabei bemüht zu wirken.

Gravity Rush ist ein Quasi-Open World-Spiel im Cell Shading-Look, dass auf verschiedenen schwebenden und miteinander verbundenen Stadtteilen angesiedelt ist, die jeweils für ganz unterschiedliche Welten mit eigenem Flair stehen. So gibt es etwa den sonnigen Stadtteil Plaejeune, der an ein verträumtes Paris im vorletzten Jahrhundert erinnert. Die Heldin Kat - die sich von der Schwerelosigkeit per Knopfdruck befreien kann - fliegt, kämpft und läuft aber auch durch das Industrieviertel, das dem Steampunk-Ideal oder Klischee farblich noch am nächsten kommt. Mechanisch und einem Retro-look verhaftet bleibt aber die gesamte Stadt Heksville, denn sie scheint auf einer Art Maschine gebaut sein, die wiederum von einem monumentalen Baum getragen wird.

Ein Stadt wie im 19. Jahrhundert, könnte man meinen. Wären da nicht die fliegende Kat, das seltsame fliegende Objekt und der monumentale Stamm vom Baum des Lebens.

Der Kontrast zwischen Industrialisierung und Natur sowie die Abhängigkeit von Ersterem zu Letzterem macht das Setting von Gravity Rush aus. Die Steampunk-Welt scheint real und Fantasie zugleich zu sein, ist aber immer kälter als die Natur. Ein Beispiel: In einer kleinen Nebenmission, die Kat auf dem Weg von den Tiefen des Baumes wieder hoch nach Heksville annimmt, bittet die Seele einen toten jungen Mannes, die nicht ruhen kann, darum, der Geliebten aus Lebzeiten einen Liebesbrief zu überreichen, der ihr bei der Trauer helfen soll.  Oben angekommen, interessiert sich die junge Frau gar nicht mehr für die Vergangenheit und ihren toten Freund. Bei ihr hat sich das Leben weitergedreht, sehr mechanisch und fern jeder Emotion. Denn auch dafür steht Steampunk, für das reine Funktionieren.

Sollte es eine Auflösung in dem Kontrast und Zusammenspiel der Welten in Gravity Rush geben, dann erst im zweiten Teil des Spiels, der sicherlich kommen wird. Bis dahin kann ich nur jeden empfehlen, der keine Vita besitzt und das Spiel nicht kennt: Kaufen, kaufen!

52 Games ist ein Blog-Projekt von zockworkorange.com