Irgendwann reichte es mir bei Insurgency. Ich krieche durch den Dreck, schleiche und warte geduldig in der Deckung, sehe einen unvorsichtigen Kollegen nach dem anderen in sein Unheil laufen, erwische vielleicht auch einen oder zwei Gegner und sehe dann noch im Augenwinkel den Dödelkopp aus meinem eigenen Team, der mir in Panik einen verpasst und dann war es das mal wieder. Respawn und zurück ins Gefecht. Bei aller Vorsicht, die man bei Insurgency aus dem Hause New World Interactive dringend aufbringen sollte - denn im Gegensatz zu den Multiplayer-Modi in Shootern á la Far Cry 3, CoD und Crysis 3 reicht oftmals schon ein einziger Treffer für einen frühen Tod - gibt es neben den gegnerischen Soldaten noch zwei weitere Feinde, die kaum kontrollierbar sind. Eigene Mitspieler, denen die Nerven flöten gehen und die liebe Technik, die ein Spiel gerne mal fünf Minuten vor Schluss einfach so beendet oder auf einer anderen Map ohne Vorankündigung neu startet.

Während man sich über friendly fire bei Insurgency nicht genug aufregen kann, sollte man technische Probleme nicht überbewerten. Insurgency wurde im Rahmen des Early Access-Programms von Steam veröffentlicht - was schlicht und einfach bedeutet, dass sich das Spiel noch in der Alpha-Phase befindet. Dafür funktioniert Insurgency außerordentlich gut, heftigere Bugs und Ruckler bemerkte ich nur direkt am ersten Tag nach Release. Der Umfang ist aber noch eingeschränkt; mehr als Multiplayer-Gefechte auf den Community Servern sind nicht möglich. Das Training, die Shooting Range und der Coop-Modus fehlen noch. Ist aber auch egal: Wer gerne „erwachsene“ und herausfordernde Multiplayer-Shooter spielt - womit ein gewisser Grad an Realismus gemeint ist und kein kindisches Rumgeballere - wird mit Insurgency nichts falsch machen. Wenn man so will, geht es in Richtung eines leicht actionslastigeren ArmA 3, was weniger am simpleren Gameplay festzumachen ist (mal abgesehen vom Inventar), sondern den vergleichsweise kleinen Maps.

Neben den sechs Standard-Maps Siege, Contact, Market, Heights, Uprising und District tauchen in Insurgency immer mal wieder Testmaps auf, wie hier die Map Farah - die wie alle anderen Karten zum geduldigen Häuserkampf einlädt.

Wie bei allen teambasierten Multiplayer-Shootern gilt auch Insurgency die Regel: Umso besser das Team funktioniert, desto mehr Spaß macht das Spiel. Zugegebener Weise bin ich nie extrem selten die Stütze der Einheit, aber zu meiner Erleichterung auch nicht der friendly fire-König der Truppe. Sofern es überhaupt eine Truppe gibt. Genau hier liegt (noch) das kleine Problem an Insurgency: Es könnten mehr Spieler online sein, oftmals lohnt es sich nur an einem einzigen Spiel teilzunehmen, was interessanter Weise meistens über die LMC-Community läuft. Hier stehen die Spiele im Realism-Mode im Vordergrund, der mir am besten gefällt, auch wenn er zuweilen arg frustrierend ist, weil die ID der Spieler unsichtbar und daher friendly fire beinahe schon die Regel ist. Und es gibt keinerlei Zielhilfe, nicht einmal ein ordentliches Fadenkreuz.

Insurgency: Anspruchsvolle, realistische Gefechte ohne Brimborium

Neben Firefight als klassischeres Team-Deathmatch werden in Insurgency noch die Modi Occupy, Elimination und Coop gespielt, wobei ich letzteres aufgrund fehlender Mitspieler leider noch nicht ausprobieren konnte. Im Spiel selbst kann aus drei recht schlicht zusammengewürfelten Klassen gewählt werden (leicht, mittel und schwer), welche sich nur an der Rüstung und den verschiedenen Waffentypen voneinander unterscheiden. Dabei gibt es keine Experimente, hier ist das Standardprogramm von der Shotgun bis hin zur Sniper verfügbar.

Schon rein optisch ist Heights die schönste Map. Auch vom Design her sticht sie heraus, weil sie Häuserkampf und Distanzgefechte perfekt ausbalanciert.

Insurgency ist keine Neuproduktion von New World Interactive, sondern baut auf einer gleichnamigen Mod für Half Life 2 auf. Im letzten Jahr scheiterte es als seine eigene Pseudo-Fortsetzung bei kickstarter, weswegen der Entwickler beschloss, es als „neue Ursprungsversion“ auf den Markt zu bringen. Bemerkenswert ist die Integration der Community in Insurgency: Dabei wird nicht nur ihre Vorarbeit in Sachen Maps und Spielmodi genutzt, sondern das SDK der Entwickler für jeden Alpha-Käufer mitgeliefert. Zudem unterstützt Insurgency nicht nur Dedicated Server, sondern ist über die Plattformen PC, Mac und Linux hinweg spielbar - und das auch untereinander. Nun müssten nur noch Horden von Spielern die Server bevölkern, damit Insurgency groß und stark werden kann.