Die ganze lähmende Geschichte an misslungenen DayZ-Klonen (es gibt viele von ihnen) mag ich mit Respekt vor dem Vorbild nicht noch einmal wiederkäuen. Wer ein Faible für das Survival-Genre hat, kennt die meisten Vertreter. Entweder hält sich bei den mit heißer Nadel gestrickten Klonen und Nachahmern die Kreativität in Grenzen (Nether) oder aber das gesamte Spiel sollte nie mehr als ein olle, knallhart kalkulierte Gelddruck-Maschine sein, wie bei The War Z bzw. Infested Blabla. Mit Miscreated erblickt nun ein besonders dreistes Exemplar das Licht der Erde. Dreist deswegen, weil es sozusagen das Look & Feel der Standalone-Version von DayZ zu mindestens 95 Prozent zu kopieren versucht - wenn auch in kleinem Maßstab.

Miscreated ist derzeit als Early Access erhältlich und noch in Arbeit. Das könnte man dem Spiel zugute halten. Muss man aber nicht. Vielleicht tut sich ja noch was, das Miscreated in eine gänzlich andere Richtung als DayZ schiebt. Aber eigentlich glaube ich daran keine einzige Sekunde. Der Weg, den der Quasi-Entwickler Entrada Interactive (quasi deswegen, weil es eher ein über das Internet kooperierendes Netzwerk ist) einschlägt, ist schon gut zu identifizieren und dürfte auch zukünftig im Großen und Ganzen beibehalten werden. Die Welt ist ein bisschen freundlicher gestaltet als in DayZ und vor allem ist der reine Survival Aspekt noch einmal simpler konstruiert als im großen Vorbild.

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Es dürfte ungefähr 30 Minuten gedauert haben, bis ich meinen ersten Rucksack fand, ihn gefüllt hatte und zugleich bis an die Zähne bewaffnet war. Das flutscht natürlich angenehm dahin, aber der Reiz eines ernsthaften Survival-Spiels liegt natürlich nicht in der Allgegenwärtigkeit aller nützlichen Ressourcen.

Wer mitzählt, wird schnell bemerken, wie es um das Hunger-/Durst-System bestellt ist. Circa alle zwanzig Sekunden verliert man einen Prozentpunkt. Sofern man keine Lust auf eine ausgedehnte Wanderung über die Felder und Wiesen hat, vergehen keine zehn Prozentpunkte, bis die nächste Mahlzeit gefunden wurde. Dass die Konservendosen denen von DayZ zum Verwechseln ähnlich sehen, muss ich wohl nicht noch extra betonen.

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Gleiches gilt für das Inventar. Immerhin muss man Miscreated zugute halten, dass es nicht so frickelig ausgefallen ist wie in der DayZ-Mod. Aber ansonsten erinnert es doch sehr an das Vorbild und anstelle von Entrada Interactive hätte ich mich spätestens bei der Entwicklung des aktuellen Inventars in Grund und Boden geschämt. Das gilt natürlich auch für die Gebäude sowie die Flora & Fauna. Mancher Innenraum versprüht dabei sogar einen authentischeren Charme als bei DayZ, etwa die mit Schlafsäcken und Stühlen bestückten Lager ehemaliger Überlebender. Aber viel mehr, was Miscreated besser als der Platzhirsch macht, fällt mir auch nicht mehr ein.

Und wie schaut es mit der Spannung aus? Die Stärke von DayZ lag ja zu allererst darin, dass das Spiel seine eigenen Geschichten schrieb und diese zumeist sehr bedrohlich waren. Das kann ich von Miscreated leider (bislang) nicht behaupten. Auch wenn die Server überraschend gut gefüllt sind, ist mir auf der vergleichbar kleinen Fläche von Miscreated noch kein menschlicher Spieler begegnet (btw: Eine Map gibt es nicht bei Miscreated, außer diesem Exemplar der Kategorie „handgemacht“). Mit Zombies sieht es nicht anders aus. Dass sie Klone ihrer selbst sind, nehme ich dem Spiel aufgrund des Early Access nicht weiter übel. Aber die ewig lange Verzögerung zwischen deren Grunzen und ihrem Auftauchen nimmt jede Spannung, die sich nur irgendwie aufbauen könnte. Dafür jagen die Zombies immerhin Rehe, das ist doch auch was.

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Für die größte Dramatik sorgt ein Bug. Wer sich in einem Haus aufhält, hört die eigenen Schritte zeitverzögert. Ich dachte bei meiner ersten Runde Miscreated, das außer mir noch jemand im Haus ist. Also wartete ich in Deckung auf das große Duell (oder großes Hallo, kommt drauf an), aber nichts geschah. Als ich dann weiter meines Weges ging, fiel mir der Bug auf und ich beendete das Spiel zum ersten Mal.

Beenden fällt mir eh leichter als es zu starten. Bis zum nächsten großen Update lasse ich Miscreated links liegen und harre der Dinge, die da kommen. Es wird wohl kein unique content sein, wie man so schön neudeutsch sagt. Und ehe man sich versieht, ist Miscreated vergessen. Oder spielt noch jemand Nether?