Wer hat sich beim Release von Assassin´s Creed 3 alles wie Bolle auf den Multiplayer gefreut? Niemand? Verständlich, schließlich steht die Assassin´s Creed-Reihe viel mehr für den Open World-Singleplayer als für aufregendes MP-Vergnügen mit spannenden Online-Modi. Nachdem mich in den ersten Stunden von Assassin´s Creed 3 eine mächtige Müdigkeit überkam, ging der Blick auf den Multiplayer in Erwartung eines angeklatschten, lieblosen Pseudoabenteuers. Und, Überraschung, Überraschung, der MP überzeugt sogar, zumindest teilweise. Denn das nötige geschickte Agieren aus dem Singleplayer wurde erstaunlich gut in den MP integriert, womit sich der Assassin´s Creed 3-Multiplayer fein absetzt von den Hau-drauf-Multiplayern á la Battlefield, Call of Duty, Uncharted & Co, die eben ihre eigenen Stärken haben. Zu euphorisch sollte man auch nicht sein, denn in den Singleplayer-Spielverlauf ist der MP nicht integriert, was auch durchaus spannend wäre - und als alleiniger Kaufgrund doch ein wenig schwach auf der Brust. Aber: Es lohnt sich einige Stunden online ins Assassin´s Creed-Universum einzutauchen.

Nach quälend langer Ladezeit auf der PlayStation 3 heißt uns Abstergo Entertainment im Multiplayer herzlich willkommen und schickt uns ohne Gnade und Weiterklick-Möglichkeit in ein ausgedehntes, aber spannendes Tutorial. Die Geschichte mit Abstergo Entertainment hätte sich Ubisoft ruhig sparen können, aber irgendwie meint man wohl, den Multiplayer in Assassin´s Creed 3 mit dem Hauptspiel verknüpfen zu müssen, auch wenn es gestelzt und künstlich wirkt. Natürlich sind die Maps im MP letztlich eine Arena, in denen sich die Spieler versuchen gegenseitig abzumurksen. Aber: Jeder ist Täter und Opfer, jeder bekommt Ziele, die ausgeschaltet werden sollen und ist gleichzeitig das Ziel eines anderen. Und die Hetzjagd sollte möglichst diskret geschehen, ansonsten gibt es Punkteabzüge. Ein schöner Ansatz, zweifelsohne. Im Tutorial lernen wir die Offensiv- und Defensiv-Techniken kennen, fahnden nach Ziel-Portraits und üben das diskrete Meucheln, um den so genannten Inkognito-Bonus zu erhalten - den man nur bekommt, wenn die Annäherungsanzeige gefüllt ist. Das schafft man nicht mit offensichtlichen und für alle sichtbaren Sprints zum Opfer, sondern durch die Funktion Schnell Gehen und mit Geduld. Auch die kunstvolle Flucht wird uns nähergebracht, ebenso wie Ablenkungen etwa mit der Geldbombe, um zu erkennen, wer KI und wer Mensch ist. Denn nur die KI hebt Münzen auf. Clever, clever!

So wild wie hier geht es nur im Wolfsrudel-Modus im Multiplayer von Assassin´s Creed 3 zu. Ansonsten belauert man sich und schlägt schnell, aber leise zu.

Auch wenn es zu den verschiedenen Charakteren im Multiplayer einige Doppelgänger auf der Map gibt - zu Beginn geht es zum Boston Harbor - reicht eigentlich schon der Kompass um ein Ziel zu finden. Schön für die Atmosphäre ist der Sound im MP, mit dem Ubisoft eine großartige Atmosphäre schafft: Nähern wir uns einem Ziel, hören wir unser Herz immer lauter klopfen. Rückt uns dagegen ein Verfolger auf die Pelle, vernehmen wir ein unheimliches Flüstern. Gerade letzteres trieb mein Adrenalin in die Höhe, besonders dann, wenn mir ein gewiefter Verfolger auf den Fersen war, der sich nicht leicht identifizieren ließ. Dieser Multiplayer-Modus in Assassin´s Creed 3 ist durchdacht bis ins Letzte und krankt eigentlich nur daran, dass es mit dem ’normalen‘ Assassin´s Creed 3-Abenteuer so gar nichts zu tun hat.

Aber dabei bleibt es leider nicht. Mit dem Wolfsrudel-Modus versucht Ubisoft den an MP-Chaos gewöhnten Gamer zu gewinnen und hetzt eine Gruppe unter Zeitdruck auf die andere. Innerhalb des Sequenzcountdowns soll ein gewisser Punkte-Schwellenwert erreicht werden. Ja, so langweilig und uninspiriert der Wolfsrudel-Modus klingt, erlebte ich ihn persönlich auch. Und dann wagte Ubisoft noch ein Experiment, von dem sie bitte schön zukünftig gerne die Finger von lassen - nennen wir es den Pay-Two-Times-to-play-Shop. Tatsächlich kann man im Assassin´s Creed 3 MP, das schließlich zu einem bezahlten Vollpreistitel gehört, unnötigen Klimbim und anderen (immerhin auch so erspielbaren) Kram extra kaufen. Es kommt wohl die Zeit, da erkennt man vor lauter DLCs und In-Game-Shops das eigentliche Spiel nicht mehr. Letztlich ist in Assassin´s Creed 3 der Multiplayer-Shop halb so wild, aber ich befürchte hier ein Experiment, um auszutesten, wo genau der Anfang vom Ende des traditionellen Multiplayer liegt, wie wir ihn kennen. Das kostet Sympathiepunkte.