Äußerst gerne wäre ich bei der Sitzung dabei gewesen, als Verantwortliche von Techland und Warner Bros. vertrauensvoll die Köpfe zusammensteckten und die Risiken, Chancen und Alternativen von exzessiven Gewaltdarstellungen in Dying Light diskutierten. Nun, man entschied sich dazu, dass es viel besser sein muss über mindestens 30 Stunden hinweg in buntesten Bildern Arme, Beine und Köpfe vom Rumpf zu trennen und Zombiekindern Headshots zu verpassen als genau das eben nicht zuzulassen. Schade. Denn ohne die arg plakativen und extrem unschönen Passagen, besonders wenn es explizit darum geht Zombiekinder einen Kopf kürzer zu machen, hätte Dying Light ein ordentliches Spiel sein können.
Und es war sogar noch viel mehr drin. Aber mit Kyle Crane als außerordentlich platten und dämlichen Hauptcharakter, der sich historisch schlecht synchronisiert durch die Story prollt, kann Techland nur schwer einen Blumentopf gewinnen. Das im letzten Satz als Story bezeichnete Lüftchen einer Geschichte tut ihr Übriges und massenhaft auftretende Logikfehler runden das Bild ab.

Aber warum, bitte schön, könnte Dying Light nun ein gutes Spiel sein? Weil Techland dem Spiel einen hervorragenden Startschuss verpasste. Der Spieler wird in ein interessantes Szenario geworfen, steht leicht bewaffnet und im Wissen um die eigene Unterlegenheit erst einmal Horden von Untoten gegenüber und kann sich so manches Mal nur durch die großartig designten Parcours-Einlagen retten. Der Schleichmodus in der Nacht fügt dem Open World- und dem Zombie-Genre zugleich eine fantastische Komponente hinzu. Hier wird der Möchtegern-Jäger zum verzweifelt Gejagten. Und wenn man keine Lust hat, der Kampagne oder den gefühlten x-tausenden an öden und schlecht geschriebenen Nebenmissions-Kurieraufgaben zu folgen, treibt man sich in den Slums oder der Altstadt von Haram herum und schaut mal, was sich in Kisten und Schränken alles finden lässt.
Man sieht: Herausforderungen, Kurzweil, spannende Momente und eine nahezu perfekt designte und dabei noch schön anzuschauende Spielwelt sind verdammt gute Argumente für Dying Light. Die ersten sechs bis sieben Spielstunden gehörten für mich sogar mit zu den besten der letzten Jahre. Aber dann machte mich das endlose Waten durch Blut und Gedärme, die mit Ungereimtheiten gepflasterte Story, der selten blöde Kyle Crane und nicht enden wollende Wiederholungen zunehmend mürbe. Nach über 30 Stunden und der bewältigten Kampagne war ich dann in jeder Beziehung froh, Dying Light vollendet zu haben.

In den ersten paar Stunden geht es in Dying Light zwar auch schon recht unappetitlich zu, aber die karge Bewaffnung mit einem Gasrohr oder einem Schraubenschlüssel sorgte noch für eine spezielle Spannung – besonders im Angesicht einer ordentlichen Übermacht an Zombies. Da bin ich doch gerne mit Kyle Crane mal geschickter und mal arg ungelenk über die Dächer gehüpft, um den Horden zu entkommen. Zu Beginn sind es noch die schlurfenden Klischee-Untoten, vor denen ich flüchtete und erst später kamen die Zombie-Experten ins Spiel, die der geneigte Freund vom trashig-seltsamen Dead Island noch kennt. Wie beispielsweise der säurespuckende Toad oder der Kamikaze-Untote namens Bomber. Bei ihnen und ihren liebreizenden Kollegen, wie etwa den riesigen und wild um sich schlagenden oder mit Steinbrocken werfenden Goon und Demolisher, hat der Spieler meistens die Wahl, ob er die Konfrontation sucht oder ihr ausweicht.
Die zweite Variante nutzte ich mehr und mehr in Dying Light. Die beiden Stadtteile Slums und Altstadt sind jeweils großartig als Parcour designt und neben den kleinen, von Far Cry überdeutlich inspirierten Kletterpassagen gefiel mir das rastlose „über die Dächer springen“ immer noch verdammt gut. „Mehr Hüpfen und weniger Hackmesser!“, würde ich beinahe als Parole ausgeben wollen und ebenso sehr noch die Fahne des Nachtmodus hochhalten, wenn sich die Night Hunter als quasi unbesiegbare Gegner an meine Fersen heften. Aber dann meint Kyle Crane Konversation betreiben zu müssen und der Adrenalinspiegel sinkt und sinkt, bis ich aufgrund der dramatischen Story sehr lange gähne und schulterzuckend ein ums andere Mal ein Päuschen einlegte.

Leider ist Dying Light an vielen Ecken und Enden strunzdoof. Nicht so frontal blöde wie Dead Island, sondern nicht gut bis ganz löchrig durchdacht. Es versucht uns zwar zu täuschen, indem es sich mit den außerordentlich gut gelungenen Panoramen und der fantastischen Weitsicht künstlerisch gibt, aber all die Logik- und Designfehler können mit den famosen Wandtapeten trotzdem nicht übertüncht werden. Fangen wir mit der Story an: Da kommt also ein auffallend sondereinheiten-mäßig trainierter Fremder in eine Stadt voller Misstrauen und Angst. Und was passiert? Die Guten vertrauen natürlich nicht die hochsensibelsten Aufträge einem der zahlreichen bis an die Zähne bewaffneten Mitglieder ihrer eigenen Gruppe an, sondern, wie zu befürchten ist, sofort und ohne Umschweife dem unbekannten Fremden. Herrje.
Und so stimmig geht es weiter. Warum noch mal sind die Dächer in der Altstadt gerade von den unsportlichen Zombies bevölkert, die gar nicht klettern können und aus welchem Grund ist Kyle so oft laut Meldung im Spiel „zu erschöpft“, um seinen Kletterhaken einen Meter in die Höhe zu werfen, kann dafür aber in der gleichen Passage äußerst gelenkig das komplette Hochhaus eigenhändig besteigen? Nun, das bleibt alles offen. Es gibt noch eine weitere Frage, die mich beschäftigte: Bei den äußerst schlichten verbalen Konfrontationen zwischen Kyle Crane und dem Bösewicht Rais Suleiman (du Arschloch hier, du Arschloch da) leuchtete es mir nicht ein, warum sich die beiden nicht miteinander dicke anfreundeten. Beide sind notorische Lügner, nicht besonders helle und so gewaltbereit wie der apokalyptische Reiter. Buddys für´s Leben, eigentlich.
Aber nein, die beiden bekämpfen sich bis zum in jeder Beziehung bitteren QTE-Finale, das trotzdem durchaus schöne Momente liefert. Die großartige Kraxelei an der Hochhausfassade entlang weckte übrigens ein weiteres Mal in mir den Wunsch nach einem ernst zu nehmenden Bergsteigerspiel. Dying Light dagegen kann ich nicht so recht ernst nehmen. Leider. Wer sich an (Zombie-) Kindern für vorgeblich besondere Schreckmomente vergreift, hat bei mir eh schon ziemlich verkackt. Das nicht enden wollende hochgradig repetitive Blutbad tut ihr Übriges, neben all den anderen fragwürdigen Entscheidungen von Techland. Weiß Gott bin ich kein Freund von Indizierungen. Für mich ist es eine leichte Form der Zensur und ich kann es nicht gutheißen, wenn ein Spiel für Erwachsene über 18 Jahren nur auf Nachfrage verfügbar ist. Dying Light hat das staatlich verordnete Versteckspiel inhaltlich vielleicht verdient, aber viel besser hätte es mir gefallen, wenn die Händler es aus Qualitätsgründen aus den Regalen verbannt hätten.
Dieser schmucke Beitrag erschien – noch epischer und mit viel ausführlicherem Kyle Crane-Bashing – zuerst auf polyneux.
3 Comments
Deksta1000
Schlechter Beitrag…omg…der Schreiber hat null Ahnung vom Game und sollte lieber still bleiben…forever…!
Das Spiel ist gut und der Redakteur sollte die Fresse halten.
P.S. : Geiles Game!!!
Jens
Krasse Argumentation und trotzdem … geiler Kommentar! 😉
Witcher
Ich kann nicht ganz nachvollziehen weshalb das Spiel in Deutschland verboten ist. Also der Verkauf zumindest 🙂 Aber was solls, irgendwann werde ich es mir auch mal kaufen. (hab leider noch genügend andere Spiele).