Bei all den hymnischen Rezensionen zu The Last of Us (hier oder hier) fällt auf, dass das Gameplay bei den Stärken des Naughty Dog-Spiels nicht an gerade an erster Stelle genannt wird. Die ernsthafte Tonalität, die erwachsene Handlung, die Atmosphäre und die Spielwelt stehen weit mehr im Blickpunkt als das The Last of Us Gameplay. Was zu der Frage führt, ob ein perfekt ausgeklügeltes Spiel mögliche Schwächen in der Spielmechanik ausgleichen kann oder gar irrelevant macht. Ist es vielleicht sogar egal, wenn das Gameplay durchschnittlich ist, solange die Atmosphäre den Spieler in seinen Bann zieht? Was etwa bei Dear Esther funktioniert, muss ja nicht gleich bei einem Actiontitel á la The Last of Us ebenso hinhauen. Nach dem Blick auf die Spielwelt und die Atmosphäre, ist es nun an der Zeit, sich mal genauer den Kern des Spiels anzuschauen, das The Last of Us Gameplay.

Auf die Frage „Wie ist denn The Last of Us so?“ ist es nicht einfach präzise zu antworten, zumindest in einem Satz und mehr als in einem Wort. Schaut man nur auf das Spiel, könnte man eigentlich sagen: Langsam. Und das ist gut so. Die Reise von Joel und Ellie hat nicht nur viele ruhige Momente, sie ist in jeder Beziehung gemächlich. Problematisch wird es nur, wenn einzelne Level nicht enden wollen, dann kann es sich ziehen, wie besonders im Kapitel Die Außenbezirke und zwischenzeitlich auch im vierten Abschnitt, in Bills Stadt. Aber es ist sehr lobenswert, dass ein lineares Spiel wie The Last of Us Räume und Passagen hat, in denen einfach nichts passiert, in denen die Atmosphäre aufgesaugt werden kann. Aber es ist auch verständlich, dass dieser Aspekt vom The Last of Us Gameplay für den einen oder anderen langweilig ist. Mich erinnert es an die guten Momente aus Resident Evil 5, wenn mal gerade nicht die Action die Oberhand hatte und noch mehr an Dead Space. Der Vorteil der Langsamkeit: Das The Last of Us Gameplay gewinnt enorm an Spannung und Dramatik, wenn es zur Sache geht. Zuckt in anderen Spielen nicht einmal mehr eine Augenbraue, wenn sich eine Horde von Gegnern in Kavelleriestärke nähert, schießt bei The Last of Us schon mächtig Adrenalin ins Blut, wenn vier Clicker auf den Spieler zustürzen.

Die ruhigen Momente von The Last of Us und einer der seltenen Orte, an denen die Welt noch unschuldig wirkt.

Problematisch wird das gemächliche Tempo dann, wenn Präzision gefragt ist. Wie bei den Uncharted-Spielen besticht das The Last of Us Gameplay nicht gerade durch seine sensible Steuerung. Das Zielen bleibt sehr matschig und die Trefferabfrage erinnert zuweilen mehr an eine Lotterie als an ein Spiel. In Bills Stadt, auf dem Weg vom Unterschlupf zum Friedhof, gibt es etwa die ärgerliche Szene, als einem jeweils zwei Clicker und Runner das Leben unnötig schwer machen. Trotz Flinte und schnellem Wechsel auf den Revolver reichten bei dem ersten anstürmenden Clicker nicht einmal drei Headshots, während der zweite schon nach dem ersten zusammenbricht. Im Ergebnis tanzt man an den unsinnig herumstehenden Autos unrealistisch entlang, nur um Zeit zu gewinnen und versucht, nachdem zuerst die Clicker ausgeschaltet wurden, dann irgendwie die Runner zu erledigen. Die befinden sich derweil in einem derart hakelig-animierten In-Fight mit Ellie und Bill, bei dem das Zielen und Treffen leider zur reinen Glückssache wird. Da verändert das The Last of Us Gameplay simple Gefechte in unnötige Herausforderungen.

The Last of Us Gameplay: Ellie ist gut für die Story, steht aber sonst im Weg

Im Beitrag zur The Last of Us-Spielwelt bezog ich mich mehrmals auf Clementine aus The Walking Dead, die es ebenso zu schützen gilt wie Ellie. Mal davon abgesehen, dass Clementine durchgehend als normales Mädchen konzipiert wurde und daher weitaus natürlicher wirkte, verfügte sie noch über eine Fähigkeit, die Ellie im The Last of Us Gameplay komplett abgeht: Und zwar nicht im Weg zu stehen. Ja, auch so mancher bemüht teenie-frecher Spruch nervt, aber sie blockiert meinen armen Joel zu oft in engen Gassen oder Durchgängen. Wer zum Beispiel in Bills Stadt im Unterschlupf hinter der Theke das Loot aufsammelt, wird feststellen, dass Ellie genau zwischen Ausgang und Theke gescripted wurde und erst dann Platz macht, wenn man sie mehrmals anstößt. Das kann Bioshock Infinite sicherlich besser. Und wer glaubt, dass man dann einfach über die Theke springt, irrt gewaltig, hier bewegt sich das The Last of Us Gameplay sehr nah am Resident Evil-Franchise. Will das Spiel nicht, dass du über einen Mini-Hocker kletterst, dann kannst du es eben nicht.

Nein, die Clicker haben nicht die Haare schön. Aber: Gerade zu Beginn, wenn Joel sich noch nicht zu wehren weiß, sind sie als Gegner ein wunderbare Herausforderung.

Beim Thema Gemächlichkeit kommt natürlich noch ein anderer wichtiger Aspekt ins Spiel, der einerseits das The Last of Us Gameplay in besondere Höhen steigen, einen aber andererseits auch die Stirn runzeln lässt: Nachladen, ein Medikit nutzen oder es zusammen zu basteln funktioniert nur in Echtzeit. Gerade wenn es eng wird und man statt zu schießen leider erst einmal Joel gefühlt endlos beim Nachladen zuschauen muss, fließt der Angstschweiß in Strömen. Hier schafft es Naughty Dog wunderbar, eigentlich unspektakuläre Gefechte und Situationen durch realistische Elemente enorm spannend zu gestalten, wozu anfangs auch noch die Munitionsknappheit beiträgt. Letztlich ist es nicht so entscheidend, aber auch in diesem Fall übertreibt es der Entwickler ein wenig, wenn sogar das Upgraden seine Zeit dauert. Wenn schon, dann über einen längeren Zeitraum, aber das bei meiner Erweiterung der albernen Lauschdistanz oder der vergrößerten maximalen Gesundheit dann 10 Sekunden zu vergehen haben, ist unnötig, wenn auch nicht dramatisch. Da aber niemand an seiner Lauschdistanz mitten im Schusswechsel herumdoktort, hätte man sich das auch getrost sparen können. Die Lauschdistanz, mit der man durch Wände sehen kann, habe ich schon im Einstiegstext ausreichend kritisiert und sie bleibt für mich das überflüssigste Element des The Last of Us Gameplays. Immerhin gibt es in der Kampagne keine unsichtbaren Shops wie im Multiplayer. Bei den Waffen macht Naughty Dog dagegen eigentlich alles richtig, es gibt nicht zu viele davon und das Balancing wirkt auf mich sehr stimmig. Die Flinte ist die Erweiterung zur Pistole, die Schrotflinte zum Revolver, nur der Bogen fällt aus der Rolle, scheint aber mit Blick auf Crysis 3 & Co. gerade Zeitgeist-Pflicht zu sein. Die Nahkampfwaffen lassen mich inklusive des Upgrading-Systems kalt, sie sind aber im Kampf gegen die Clicker gerade in hochgezüchteter Form schon beinahe ein Spannungskiller.

Lieber schleichen als schießen

Bei der Gestaltung der Infizierten schaute Naughty Dog ebenso sehr genau bei Resident Evil hin. Die Runner verhalten sich so wie ein Resi-Durchschnittszombie - sie sind dumm, aber schnell. Der Bloater könnte 1-1 aus Resi 5 übernommen worden sein, vom trägen Verhalten her ebenso wie von seinem massigen Äußeren - davon mal abgesehen, dass er Sporen spuckt. So richtig angetan haben es mir am Anfang des Spiels die blinden Clicker, auch wenn sie erst für einige Frustmomente verantwortlich waren. Erwischt einen ein Clicker ist Feierabend, hier musste immer auf Distanz geschossen oder ein Molotow-Cocktail geworfen werden. Später kann man sich auch aus der Nähe wehren, damit verlieren die Clicker ein wenig von ihrem Schrecken. Dafür gibt es zum Glück noch die Stalker, die als Mischung zwischen Runner und Clicker schnell und stark sind, dafür aber nicht blind, jedoch nicht über das feine Gehör der Clicker verfügen. Meiner Meinung nach ist es eine sehr gute Entscheidung gewesen, nicht zu viele Gegnertypen ins Spiel zu integrieren, denn so ist taktisches Vorgehen möglich, wovon das The Last of Us Gameplay extrem profitiert. Bei Dead Space 2 und 3 ballert man irgendwann einfach nur noch frontal gegen egal wen drauf, hier muss man schon genau schauen, wen man vor sich hat und wie man das Problem lösen möchte. Im Museum etwa, als zum ersten Mal eine größere Ansammlung von Infizierten den Weg kreuzt, spannte sich bei mir gerade in den Abschnitten, wenn das Schleichen sinnvoll war, jeder Muskel zusammen. Denn manchmal entscheidet ein kleiner, minimal zu lauter Schritt darüber, ob der Clicker den Spieler hört oder nicht. Das funktioniert weitaus besser und nachvollziehbarer als die Schusswechsel, die übrigens dann, wenn es gegen menschliche Gegner geht, sich nicht im mindesten positiv von Uncharted abheben, dafür aber erschreckend an Hitman: Absolution und Splinter Cell: Conviction erinnern.

Das The Last of Us Gameplay ist also nicht der ganz große Wurf, muss es aber glücklicher Weise auch nicht sein, weil das Spiel ansonsten beinahe auf ganzer Linie überzeugt. Das allgemein gemächliche Spieltempo und das Waffenhandling in Echtzeit sind ebenso wie die hervorragend funktionierenden Schleichpassagen wahre Highlights. Altbekannte Naughty Dog-Schwächen wie etwa das Zielen und manche unlogische Spielmechanik-Entscheidung kratzen zwischenzeitlich ordentlich am Lack, sind aber (abgesehen von der bescheuerten Lauschdistanz als billige Hitman: Absolution-Kopie) nach den großen (storybasierten-)Momenten schnell wieder vergessen. Mein Wunsch an das The Last of Us Gameplay wären noch geringere Ressourcen - denn die Munitionsknappheit ist später im Spiel kaum ein Thema mehr - um die Immersion und die Panik in den knallharten Momenten des Spiels noch zu steigern. Dann hat man halt nur noch zwei Patronen und zwei Gegner, die man nur per Headshots erledigen und wenn das nicht klappt, muss man eben noch mal ran. Mit dieser wunderbaren, gnadenlosen Härte arbeitet The Last of Us in den Schleichpassagen, in denen man es mit den Clickern zu tun hat und genau das hätte ich mir im gesamten Spiel gewünscht. Insgesamt ging mir oft, aber nicht oft genug der Hintern auf Grundeis, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

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