Romantisch gesehen war es Liebe auf den zweiten Blick zwischen Trackmania 2 Valley und mir. Nüchtern betrachtet hatte ich einfach keine Ahnung vom Trackmania-Universum und war verblendet von oberflächlichen Vorurteilen. Die deswegen aber nicht falsch sind, denn Trackmania 2 Valley von nadeo, einem hauseigenen Ubisoft-Entwickler, sieht wirklich nicht gut aus. Eigentlich ist es sogar optisch auffallend simpel gestrickt. Und die Steuerung, DIE STEUERUNG! Arcadiger geht es kaum. Und man fährt nicht einmal richtige Rennen, sondern gegen Ghosts und die Zeit. Schaut man auf die jeweiligen Platzhirschen, dann hinkt Trackmania 2 Valley in Sachen Fahrphysik Gran Turismo, bezüglich des Racer-Feelings dem ersten Need for Speed: Shift und mit Blick auf die Präsentation allen modernen Codemasters-Spielen um mehrere Galaxien hinterher. Trotzdem: Trackmania 2 Valley gefällt mir besser als jedes einzelne der genannten Rennspiele, vielleicht mal Dirt 3 ausgenommen. Das liegt zum einen an diesem gewaltigen Universum hinter dem Spiel und diesen kleinen, aber trotzdem anspruchsvollen Rennhappen á la Trials Evolution, bei denen es ganz schwierig wird zu einem Ende zu kommen. Diese „Eins geht noch“-Geschichte, bei der man noch Stunden vor dem Monitor hängt. Ihr kennt das.

Das hier ist also ein Anfängertext, aber warum auch nicht. Man kann nicht immer (Pseudo-)Experte sein und ich bin mir sicher, gerade in Sachen ManiaPlanet, dem Online-Netzwerk hinter dem Spiel, verbergen sich weitaus mehr Feinheiten und Features, als ich mit meiner Unerfahrenheit erahnen kann. Aber mit diesem Noobtum stehe ich sicherlich nicht alleine da und weil wir hinter dem Steuer alle gleich sind, sehe ich dennoch eine Berechtigung in dieser Möchtegern-Review. Bei der es erst einmal mehr um den Solo-Modus geht als um den Multiplayer, der mir noch ein wenig zu unübersichtlich geraten ist - dazu gibt es womöglich später noch mal einen eigenen Beitrag. Bei Adam und Eva angefangen: Bei Trackmania 2 Valley gibt es keine Karriere in engem Sinne, sondern nur einzelne Kurse in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, bei denen wir im Trainingsmodus versuchen Gold zu holen, um anschließend ein sogenanntes „Offizielles Rennen“ fahren zu können. Dabei geht es immer nur um die Zeit, die aber in Beziehung gesetzt wird zu den Leistungen der lokalen, regionalen, nationalen, kontinentalen und globalen Konkurrenten. In anderen Spielen hat mich diese Vergleicherei völlig kalt gelassen, aber wenn ich sehe, dass ich bei Kurs B01 (ja, so fantasielos sind die Bezeichnungen) im Düsseldorfer Trackmania 2 Valley-Ranking nur auf Platz 13 liege, dann stinkt mir das gewaltig, denn es waren auf dieser Strecke nur 16 Düsseldorfer (+ Umgebung) am Start. Also: Das muss besser werden und ehe man sich versieht, ist man in dieser Trackmania 2 Valley-Suchtspirale drin. 

Auf den ersten Blick erinnert Trackmania 2 Valley ein wenig an WRC, vor allem wenn die Kurse realistischer ausfallen. Hier jage ich die Goldmedaille. Links sehen wir meinen Bestzeiten-Ghost, während der Goldmedaillen-Ghost hinter mir herum tuckert, wie es sich gehört.

Mit fünfzehn leichten Kursen der Kategorie Weiß bzw. A geht es los und wer Grid, Shift und Co gewohnt ist, wundert sich über diese kleinen Rennhappen. Mal zwanzig Sekunden lang, mal vierzig, aber selten mehr. Habe ich erst einmal nicht ernst genommen. Dann reichte es aber nicht direkt zu Gold mit der ersten Fahrt und mit der zweiten auch nicht. Nur Silber geht gar nicht. Der Ehrgeiz ist geweckt und so langsam wandelten sich dann die erst als Baby-Rennen belächelten Pseudo-Rennen in Prüfungen á la Gran Turismo 5. Zwar variiert der Anspruch, aber manche Kurse sollten schon in der leichtesten Kategorie auswendig gelernt und Kurven peinlich genau genommen werden, um Gold zu erhalten. Da die Steuerung äh, gewöhnungsbedürftig ist, haben wir es hier schon mit einer Herausforderung zu tun.

Going for Planets (?): Die Offiziellen Rennen in Trackmania 2 Valley

Zugegeben, direkt habe ich das nicht mit den Offiziellen Rennen kapiert. Mal bietet mir das Spiel solch ein Rennen an, mal nicht und auch wenn ich erahnte, dass der Countdown rechts unten im Bild was damit zu tun hat, erschloss sich mir nicht direkt, warum bei manchen Rennen ein Countdown gerade nicht sichtbar war. Der Grund: Er erscheint erst, wenn die Goldmedaille errungen wurde. Dann läuft die Zeit und man kann das Offizielle Rennen fahren, was dann in die ManiaPlanet-Online-Rankings aufgenommen wird. Und hier bemerkte ich einen interessanten Effekt, den ich als enorm motivierend empfinde: Training ist nicht gleich Rennen, vor allem nicht bei den anspruchsvolleren Kursen. Plötzlich ist da ein wenig mehr Adrenalin im Blut, die Hand am Steuer zittert ein wenig mehr und die Nervosität steigt. Schließlich zählt es beim „echten“ Rennen und falls man es verhaut, muss man wieder 5 Minuten-Straftraining ertragen vor dem nächsten Versuch. Das ist ein schöner Druck, den ich mal schlechter, mal besser ertragen kann - der mich aber ordentlich bei der Stange hält.

So, Freunde des heimischen Altbiers, nehmt euch in Acht, denn so langsam bin ich in der Trackmania 2 Valley-Spur. Platz 7 im Düsseldorfer Ranking bei der gesamten Punktzahl (Skillpoints), die in Offiziellen Rennen erfahren werden können. Und das ist erst der Anfang!

Während der Trainingsessions geht es nur um die Medaillen, wobei die Bronzemedaillen mehr hinterher geworfen werden, als dass sie für eine nennenswerte Leistung stehen. Ist aber schön, etwas zu gewinnen, obwohl man nur den Kurs kennenlernen wollte. Bei der Vielfalt der Kurse in Trackmania 2 Valley sehe ich keinen Konkurrenten, der das Wasser reichen könnte. Von realistischen Kursen über waghalsige Abfahrten bis hin zu futuristischen Phantasiekursen ist alles dabei und das Gefühl trügt nicht, dass hier und da die Gesetze der Physik gebrochen wurden. Wer aber glaubt, dass Trackmania 2 Valley ein direkter Angriff auf die Rallye-Platzhirschen Dirt und WRC ist, der täuscht sich gewaltig. Ja, man fährt auch mal im Gelände, aber mit echter Rallye hat es wenig bis gar nichts zu tun.

Massive Arcade vs. Rennsimulation

Auch wenn so mancher Kurs eher an eine Prüfung als an ein Rennen erinnert, darf man nicht glauben, dass es realistisch zugeht. Man kann das kritisieren und besonders im Kurvenverhalten sollte man das auch. Die schwammige Steuerung macht sich hier besonders bemerkbar und kommt noch Gefälle ins Spiel, sind die Autos kaum zu kontrollieren. Da wünsche ich mir ein wenig von der Fahrphysik-Spießigkeit eines Gran Turismo, bei der die Lernkurve einfach nachvollziehbarer ist. Und hier kommen dann die Online-Rennen ins Spiel, die extrem unübersichtlich sind, wenn die Horde gerade einen neuen Kurs regelrecht überfällt. Da sieht man dann die Straße vor lauter Ghosts nicht mehr. Aber: Wenn sich das Feld lichtet und die Karawane weitergezogen ist, macht es schon Spaß mit den Guten zu fahren und kann durchaus etwas lernen. Wie etwa das sehr frühe Anfahren in Kurven und das vom Gas gehen immer besser ist als zu bremsen. Was ich aber im Online-Modus ebenso wie in Offziellen Rennen nicht kapiere: Was ich mit diesen Planets anfangen soll, die ich andauernd gewinne und von denen ich mittlerweile über 6.000 sammelte. Braucht man die wirklich oder sind sie nur Währung für den Einkauf von Gedöns?

Und solche Pisten gibt es im Community-Multiplayer von Trackmania 2 Valley, hier der spektakuläre Tiger Blood Valley Kurs.

Irgendwie hat sich Trackmania 2 Valley subtil und langsam angeschlichen und mich dann so fest gepackt, dass ich mich kaum davon losreißen kann - womit übrigens das mittlerweile leicht gebremste Tempo meines Company of Heroes 2-Reviewmarathons zu erklären ist. So ist es nun mal im Leben. Da kommt dann so eine unscheinbare Dorfschönheit daher und stellt mal locker die etablierte High Society-Simulation in den Schatten. Dafür leistet Trackmania 2 Valley auch einiges, nur sieht man diese unglaubliche Menge an Kursen und Möglichkeiten nicht auf den ersten Blick. Und da Trackmania 2 Valley erst vor kurzer Zeit veröffentlicht wurde, darf man gespannt sein, was da noch kommen mag.