Wer hätte zu Zeiten von Brotherhood wohl damit gerechnet, nur wenige Jahre später als farbiger Assassine namens Adéwalé maßgeblich bei einem Sklavenaufstand in den Tropen beteiligt zu sein? Meine Wenigkeit jedenfalls nicht und bevor man Ubisoft für den Story-DLC Schrei nach Freiheit, aufgrund ihres Mutes unfassbar Neues zu wagen, umarmt, sollte man die Geschichte durchgespielt haben. Und sich dann wundern. Schrei nach Freiheit bedient sich zwar des Settings von Assassin´s Creed 4 Black Flag, setzt aber auf das klassische Gameplay der Serie. Adéwalé, Sidekick von Edward Kenway aus Black Flag, ist viel mehr Ezio als man denken könnte – was sogar storytechnisch gesehen durchaus stimmig ist. Aber: Das Gefühl doch nur in der immergleichen und dann auch noch vereinfachten Assassin´s Creed-Soße herumzurühren, was übrigens auch das Missionsdesign von Schrei nach Freiheit betrifft, verstärkt sich von Minute zu Minute und genau das sollte bei Assassin´s Creed (eigentlich) nicht mehr geschehen.
Dabei war der Steilpass in die Tiefe hervorragend. Aber nicht jeder Hunderprozentige geht halt rein. Adéwalé wurde in Black Flag als durchaus interessanter Charakter eingeführt und hat das Zeug Schrei nach Freiheit ordentlich zu tragen. Die Sklavenstory gibt der Assassin´s Creed-Serie sogar eine völlig neue soziale Tiefe, was man nur begrüßen kann. Nachdem in Black Flag noch der Selbstsucht und dem Streben nach dem schnöden Mammon der Spiegel vorgehalten wurde, setzt sich der Spieler im DLC direkt für die Sklaven ein und versucht Gutes zu tun. Warum dafür neben viel zu wenigen und zu simplen Missionen auf dem Meer nur die altbekannten Schleich-, Lausch- und Attentatsmissionen von Adéwalé bewältigt werden müssen, ist mir ein komplettes Rätsel.
Adéwalé, die Käfige, sein Schiff. Die Grauen der Sklaverei werden im Schrei nach Freiheit zwar nur angedeutet und weiß Gott nicht in der Tiefe betrachtet, aber Ubisoft kann nicht vorgeworfen werden, das Thema verharmlost zu haben.
Zu Beginn des DLC war ich erst begeistert ob der Vielfalt, die mich in Saint-Domingue, dem heutigen Haiti, begrüßte. Optisch ist Schrei nach Freiheit (auf dem PC) im Open World-Genre wie auch Assassin´s Creed 4 Black Flag eine Klasse für sich, daran änderte sich nichts. Aber mit Sklavenhaltern als neue Gegnereinheit, Plantagenbefreiungen und vielen anderen Möglichkeiten, Sklaven während des Transports, einer Auktion oder direkt aus dem Gefängnis zu befreien, wurde der Anschein allergrößter Vielfalt erweckt. Neben den schon erwähnten Standard-Assassinen-Missionen tut sich im Verlauf des DLCs nur dann leider nichts mehr.
Schrei nach Freiheit: Ein Torso von einem Crafting-System
Es ja nicht so, dass man mit Blick auf AC 2, Brotherhood und Revelations nun vor Überraschung vom Hocker fällt, weil wieder die (annähernd) gleichen Zutaten zusammengeflickt werden. Man kennt das von Assassin´s Creed. Und das ändert ja nichts daran, dass Schrei nach Freiheit grundsätzlich für sich gesehen funktioniert. Nur hätte Ubisoft, wenn sie schon in den neun Missionen auf das alte Assassinen-Allerlei zurückgreifen, dann nicht das Crafting-System so brachial vereinfachen dürfen. Upgrades werden nicht mehr verdient oder selbst produziert, sondern (ähnlich der Free-2-play-Mechanik) durch Sklavenbefreiungen freigeschaltet. Fehlt nur noch die Verlinkung zu Uplay, um dort für einen Euro zehn Sklaven extra die Freiheit schenken zu können, um damit die Donnerbüchse augenblicklich upgraden zu können (neu sind sonst nur die Machete und die ziemlich lachhaften Knallkörper). Außerdem wird durch Sklavenbefreiungen noch die Mannschaft aufgefüllt, damit man sich darum ja nicht aktiv kümmern muss. Dass der Fortgang der Hauptmission an bestimmte Erfolge von Nebenmissionen geknüpft ist, muss ja nicht schlecht sein, gibt nur leider storytechnisch betrachtet gar keinen Sinn. Die Geschichte ist nicht übel und ordentlich mit kleinen Wendungen hier und da erzählt, zudem wurden mit Augustin Dieufort und natürlich Bastienne Joséphe charismatische Nebencharaktere eingeführt – aber was bringt es schon, wenn im Spiel selbst der Funke schnell verglüht?
Seal als Adéwalé in Schrei nach Freiheit. Oder nicht?
Und so ist Schrei nach Freiheit einerseits ein mutiger Schritt nach vorne – mit Blick auf das Setting und die Wahl des Hauptcharakters – und andererseits in Sachen Gameplay ein noch viel größerer Schritt zurück. Es passt halt nicht so ganz zusammen. Und warum das so wunderbar in Black Flag funktionierende Craftingsystem casualartig aufgebrochen wurde, ist mir erst recht ein Rätsel. Da war Ubisoft bei Blood Dragon konsequenter, hier schienen sie sich selbst nicht so ganz über den Weg getraut zu haben. Und das spürt man recht schnell. Der Regel nach ist jeder Assassin´s Creed-Story-DLC besser als sein Vorgänger und wenn wir dem Glauben schenken wollen, wäre Schrei nach Freiheit immerhin noch ein ordentlicher Start gewesen. Mehr aber auch nicht.
4 Comments
Phinphin
Ich mag die Story der AC Spiele. Hier gefällt mir das Setting, als Karibik-Liebhaber besonders gut. Allerdings muss ich trotz der guten Inszenierung sagen, dass mir das Gameplay an sich recht schnell langweilig wird. Deswegen werde ich auch beim Hauptspiel warten, bis es irgendwann für 10 Euro im Angebot ist. Dann werde ich auch beim DLC zugreifen.
Das mit dem verunstalteten Crafting-System hört sich aber nicht so pralle an…
Jens
Zugegebenermaßen Weise habe ich gegen Ende von AC Brotherhood dem Animus-Story-Überbau Adieu gesagt, weil es mir zu bunt wurde. Black Flag und Schrei nach Freiheit folgen eher der AC Liberation-Linie, was den Spielen gut tut. Abgesehen von der Templer-Bösewicht-Geschichte ist die eigentliche Story bei Black Flag und Schrei nach Freiheit ganz ordentlich.
Beim Gameplay hinkt Schrei nach Freiheit zurück, aber bei Black Flag konnte ich kaum genug auf dem Meer sein, da könnte sich das mit der Langeweile vielleicht auch bei dir ändern…
Bei fast2play gab es Black Flag schon mal für 14 Euro (PC), so langsam geht es also in die 10 Euro Richtung!
David
Ich fand Freedom Cry echt gut, vor allem, weil hier auch wieder echte AC-Missionen vorkamen und nicht nur herumgeschippert werden musste. Es fühlte sich mehr wie ein Assassin’s Creed an.
Es fühlte sich auf jeden Fall casualiger an, aber mir gefiel das und man bekommt hier für kleine Geld (weiß nicht mehr, wie viel ich bezahlt habe) noch einige Stunden extra dazu. Besonders gut: das Upgraden des Schiffes. Das hat mich im Hauptspiel echt genervt, ständig hatte ich zu wenig Ressourcen, da war das hier echt entspannter. Für Leute, die die Herausforderung suchen vermutlich zu casual, für mich war’s perfekt.
Jens
Ok, es fühlte sich auch für mich mehr nach einem klassischen Assassin´s Creed an, nur fehlt mir dann direkt Ezio. Der war ja nun aus einem ganz besonderem Holz geschnitzt.
Gerade das Schiff aufzurüsten fand ich extrem spannend. Und warum soll ein Schiffsrumpf stabiler werden, nur weil noch mehr Sklaven befreit werden? Ist das nicht arg weit hergeholt? Ansonsten finde ich es ärgerlich, dass nicht mehr aus dem DLC herausgeholt wurde. Die Story gibt so viel her und dann verflüchtigt sich das alles mit der Zeit.
Den Season Pass hatte ich bei fast2play.de (für den PC) für 9,90 gekauft, das zusammen mit all dem, was da noch folgen mag, ist schon ein guter Deal.