Heute kam mir der Gedanke, dass Lifeless Planet möglicherweise ein paar Jahre zu spät entwickelt wurde. Es ist konsequent ein Spiel für Eigenbrötler und mit jeder Faser ein Single Player-Game. Auf Zeitgeist-Schnickschnack verzichtet Entwickler David Board komplett, indem es beispielsweise ein ausuferndes Tutorial für Doofe, regenerative Gesundheit oder Fokus-Magie-Sicht durch Wände einfach mal nicht gibt. Ein auf einem fremden, unwirtlichen Planeten ausgesetzter Astronaut versucht herauszufinden, was das alles soll, wo er eigentlich ist und was die Russen auf diesem Planeten zu suchen hatten. Das machte mir in den rund eineinhalb Stunden der Lifeless Planet Beta- bzw. Early Access-Version eine große Freude, denn mit der Atmosphäre und dem Mix aus Exploration, Rätseln und Plattformer-Elementen kann ich einiges anfangen.
Das muss aber nicht jedem so gehen. David Board leistet wirklich hervorragende Arbeit, aber wer ansonsten eher hochglanzpolierte Mainstream-Titel gewöhnt ist, könnte den optischen wie haptischen Feinschliff in der Lifeless Planet Beta vermissen. Das Mars-ähnliche Setting ist nun mal karg und wer darauf nicht steht, wird sich langweilen, was mir aber nicht passieren wird. Außerdem fahre ich auf vertikales Gameplay ab, also auf (sinnvoll!) integriertes Spiel mit Höhen und Tiefen, und diesbezüglich bieten die Plattformer-Passagen in der Lifeless Planet Beta so einiges. Andere stören sich eher an der noch recht hakeligen Steuerung, die besonders in großen Höhen auffällt (weil man schnell tief abstürzt) und haben keinen Blick für die prächtigen Wüstenlandschaften und die feinen Schluchten. Das sollte man aber.

Man hat auch ausreichend Zeit dafür. Zeitkritisch ist die Lifeless Planet Beta an keiner Stelle. Es gibt einige Kilometer, die in aller Ruhe abzuwandern sind, wobei dieser Exploration-Anteil für meinen Geschmack eine Spur herausfordernder sein könnte. Die Wegfindung ist nicht wirklich schwierig, hier stellte mich der Alpha-Level des Spiels noch vor größere Probleme. Es gibt hier und da Hintergrund-Infos und Items wie Minerale etc. zu finden, aber ansonsten ist auf den spätestens zweiten Blick ersichtlich, wo es sich lohnt um die Ecke zu schauen und wo nicht. Fallen und hinterhältige Sackgassen wären wünschenswert, um Erkundungen reiz- und anspruchsvoller zu machen, aber das kann ja noch kommen.
Lifeless Planet Beta: Immersion
Genau das ist das Ding, dass mir an der Lifeless Planet Beta so gefiel. Wer eineinhalb Stunden alleine mit seinem Avatar unterwegs ist und mit dem Setting etwas anfangen kann, taucht automatisch tief in das Spiel ein. Mir ging es jedenfalls so. Dann interessiert auch die Story, wobei aktuell noch nicht ganz abzusehen ist, wohin die Reise gehen wird. Aber man kann davon ausgehen, dass die Russen eine Menge falsch gemacht haben. Sonst würde der Planet anders aussehen. Rausgerissen wurde ich aus dem Spielen zuweilen bei den Plattformer-Passagen. Die sind nicht so ganz einfach, was zum einen am gewollten Anspruch liegt und zum anderen an der Steuerung, die in der Bewegung des Helden recht sperrig ist. Man geht halt desöfteren mal einen Schritt zu viel nach links oder rechts. Das ist nicht geschmeidig, aber auch kein Drama. Die Lifeless Planet Beta darf Verbesserungsbedarf haben und wenn es etwas zu motzen gibt, dann an der hakeligen Steuerung. Wobei es aber viel Spaß macht mit dem verstärkten Schub die großen Sprünge zu machen, was leider nur für eine kurze Zeit möglich ist. Auch das Potenzial des Greifarms muss sich noch herausstellen.

Und die Rätsel? Ordentlich konzipiert, sicherlich, und in der Hinsicht schwierig, dass sie an manchen Stellen nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar sind, wie zum Beispiel beim Eintritt in den Bunker. Das ist Old-School; hier muss sich der Spieler Mühe geben, mitdenken und wenn er das macht und ein wenig kombiniert, liegt die jeweilige Lösung auch auf der Hand. Aber so ganz ohne Einsatz geht es nicht. Diesen beweist der Entwickler schließlich auch, denn wie in den vorherigen Beiträgen schon mehrfach erwähnt, ist Lifeless Planet ein Solo-Projekt. Dennoch ist nun, nach Release der Beta, die Butter-bei-die-Fische-Zeit angebrochen und es wird sich herausstellen müssen, ob das (aus meiner Perspektive großartige) sehr individuelle Konzept des Spiels aufgehen wird.
Übrigens: Die Lifeless Planet Beta ist mehr klassische Demo als Early Access, wenn man es beispielsweise mit Vertretern wie Rust oder der DayZ Standalone vergleicht. Es ist nicht das komplette Spiel, sondern ein rund eineinhalb Stunden langer Happen. Mehr soll dann dem Vernehmen nach bis Mai folgen.