Ist doch immer wieder spannend, wie Capcom mit der Vergangenheit von Resident Evil spielt. Und nicht ganz ungefährlich, wie der, äh, Erfolg von Resident Evil 6 zeigt. Von annodazumal erzählen, aber dann doch Call of Duty nachzueifern, war möglicherweise nicht die cleverste Strategie. Resident Evil Revelations 2 ist jedenfalls kein Resident Evil 7, sondern eher eine Art Ableger und wie in den Reviews zu den vorigen Episoden öfters schon betont, trotzdem gut. Mag nicht jeder so sehen und es gibt natürlich einiges zu kritisieren, was ich wohl auch bemängeln würde, wenn mir nicht genau diese Geschichten so gut gefallen würden. Wie beispielsweise das dröge braun-graue-Ambiente, die frickelige Steuerung und die nach Schema F konstruierten Bosskämpfe in der Kampagne. Warum? Weil es stimmig ist. Ganz einfach.

In meiner Kritik zu dritten Episode stellte ich die Theorie auf, dass Resident Evil Revelations 2 das beste Spiel 2015 ist, dass wie eines aus dem Jahr 2009 aussieht. Dabei kann ich nach Abschluss der Kampagne bleiben und möchte noch mal daran erinnern, dass ich das als Kompliment verstehe. Die Kampagne ist rund, sie geht mit dem vierten Teil einem würdigen Ende entgegen und bleibt dann auf diesem Niveau, was nicht in jedem Spiel die Regel ist. Aber natürlich ist es eine Frage der Erwartungen und genau das ist ein großes Problem der Resident Evil-Serie. Die eierlegende Grusel-Horror-Wollmilchsau ist Resident Evil Revelations 2 sicherlich nicht und ich glaube nicht daran, dass wir jemals ein solches Meisterwerk unter diesem Label sehen werden. Muss ich zumindest auch nicht. In der Kampagne zitiert sich Capcom (erfolgreich!) selbst und versucht immerhin, hier und da neue Reizpunkte zu setzen. Wie etwa die Koop-Geschichte oder die Episodenstruktur. Nichts weltbewegendes. Aber handwerklich sauber gemacht und so schlecht hat beides doch auch wieder nicht funktioniert.

Ein bisschen Herrenhaus-Feeling in der Kampagne von Resident Evil Revelations 2.
Ein bisschen Herrenhaus-Feeling in der Kampagne von Resident Evil Revelations 2.

Nun, die Reviews in der weiten, unabhängigen und knallharten Videospiel-Journalisten-Welt waren zumindest im deutschsprachigen Raum eher moderat, um es mal freundlich auszudrücken. Sollen sie doch ruhig nörgeln. Der einzige echte Kritikpunkt, den ich vorbringen könnte, wären die fehlenden Schockmomente. Mein Adrenalinpegel hätte höher sein dürfen. Die Kampagne haute mich selten mal vom Hocker, sozusagen, sondern spielte sich sehr rhythmisch und blieb stets im Fluss. Aber das war´s dann auch schon. Die Story musste sicherlich nicht um jeden Preis episodisch erzählt werden, aber diese Struktur gab den Entwicklern die Möglichkeit, das Gameplay jeweils zu variieren und für Abwechslung zu sorgen.

Beispielhaft sei die nun letzte Episode erwähnt. Die Geschichte von Claire und Moira dauerte nicht einmal eine halbe Stunde und fiel - abgesehen von drei oder fünf fiesen Viechern - völlig aus dem Rahmen. Storytechnisch bereitet es den Boden für das große Finale, aber spielerisch besteht es zu 80 Prozent nur aus einer gescripteten Flucht, die keine Sekunde hätte länger ausfallen dürfen. Die Kampagne von Natalia und Barry dagegen trug diese letzte Episode und sie bot von allem etwas. Ein paar Rätsel, Kämpfe mit Schmackes, Bosskampf-Power und als wunderbare Reminiszenz an alte Zeiten sogar noch Herrenhaus-Feeling.

Bunter wird es nicht in der Kampagne.
Bunter wird es nicht in der Kampagne.

Selbstverständlich muss man den Style dieses Spiels mögen. Ich mag dieses Grau in Braun und es passt zu einer Geschichte, die recht düster daherkommt. Auch wenn der Twist mit Moira nicht so wirklich gelungen ist, aber irgendwie muss man die beiden Extra-Geschichten ja auch noch in den Kanon integrieren und dazu brauchten die Autoren die nur sehr, sehr schwer nachzuvollziehende Entwicklung rund um Moira nach Ende ihrer Kampagne.

Das Finale dagegen findet meinen Beifall. Die gesamte Truppe findet zu einander und ausnahmsweise ist dieses Mal ein sauberes Zusammenspiel von Claire und Barry der Schlüssel zum Happy End. Was natürlich keines bleibt, aber dazu erfahren wir dann mehr in der nächsten Staffel, die doch hoffentlich irgendwann erscheinen wird. Aber es ist ja nicht nur die Kampagne, die die Kohlen bei Resident Evil Revelations 2 aus dem Feuer holt: Zum Raid-Modus und den Extra-Geschichten komme ich später noch in einem eigenen Beitrag, aber was ich schon jetzt sagen kann: Es ist ein ordentliches Paket auf hohem Niveau, dass jedem Fan der Serie gefallen sollte - sofern nicht nur ein weiteres Resident Evil 4 erwartet wird. Und, darüber hinaus, bin ich ein großer Freund der Cut Scenes. Da sind schöne Portraitaufnahmen dabei. Wer sich dafür interessiert, möge bitte hier ganz bis nach unten scrollen. Aber am besten macht man sich selbst ein Bild davon, denn kein Spiel schafft den Retro-Spagat aus alt bewährten Gameplay-Elementen hier und angestaubter Technik dort so perfekt wie Capcom.