Mit der richtigen Ambition könnte Entwickler Naughty Dog nicht nur mit der Kampagne versuchen die The Walking Dead-Welt aufzumischen, sondern ebenso mit einem zugespitzten The Last of Us Multiplayer den Kult-Platzhirschen DayZ angreifen. Abgesehen von den technischen Limitierungen durch die PlayStation 3, passt das The Last of Us-Setting eigentlich wunderbar zu einem knallharten Survival-Multiplayer-Shooter, der die in der Kampagne angedeuteten Konflikte zwischen den Fraktionen und den Infizierten im Onlinemodus weitererzählt. Also, eigentlich liegen die Karten offen auf dem Tisch und es bleibt nur die Frage, wie viele von ihnen Naughty Dog aufgreift und wie sie sie im The Last of Us Multiplayer ausspielen.
Abschließend wird ein Urteil über den The Last of Us Multiplayer erst nach den zu spielenden 12 Wochen möglich sein. Wobei die 12 Wochen sozusagen „InGame-Wochen“ sind und an einem realen Wochenende (mit viel Freizeit) gut durchgespielt werden sollten. Möglicherweise werden im Verlauf der drei InGame-Spielmonate weitere Modi freigeschaltet, was ich aber noch nicht bestätigen kann, weil als Grundlage für dieses The Last of Us Multiplayer-Review die erste Spielwoche ausreichen muss, die aber schon einen guten Einblick in das Gameplay gibt. Und wie mit der virtuellen Spielzeit von 12 Wochen zu erahnen ist, versucht Naughty Dog seinem Mehrspieler-Modus eine Art Story-Überbau zu geben, was an sich keine üble Idee ist. Spielbar ist zum einen jeweils mit einer eigenen Mission die Hunter-Fraktion, die als Überlebende einer gescheiterten Quarantänezone auf der Suche nach Mitgliedern sind, um Angriffe effizienter abwehren und andere Lager erfolgreicher plündern zu können. Ich entschied mich für die zweite Gruppe, die aus der Kampagne bestens als Fireflies bekannte Organisation, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung aus der letzten verbliebenen Quarantänezone verwiesen wurde und nun auf der immerwährenden Suche nach einem Heilmittel ist. Die Firefly-Mission bzw. Story beginnt nun damit, dass der Spieler ein Lager aufbauen und es verteidigen muss, bis nach den besagten 12 Wochen ein Bergungsteam eintrifft (und dann scheinbar eine neue Fraktionswahl ansteht). Keine Sorge, obwohl schade eigentlich, aber strategisch gesehen bietet das Lager dem The Last of Us Multiplayer keinen Mehrwert - die Menschen sind nur sich bewegende blaue Punkte in einem grauen Kreis im Menü, die Hunger haben und krank werden können (woraus später bestimmte mäßig kreative Missionen bzw. Herausforderungen wie zum Beispiel Extra-Exekutionen oder Wiederbelebungen generiert werden). Der übergeordnete-Survival-Aspekt wird also eher abstrakt angedeutet und steht nicht wirklich im spürbaren Zusammenhang zu den Multiplayer-Gefechten.
Im The Last of Us Multiplayer können ebenso Teile zusammengebaut und Molotow-Cocktails geworfen werden wie in der Singleplayer-Kampagne. Dank der eher kleinen Maps hat man aber meist anderes und besseres zu tun als zu basteln. Copyright: Naughty Dog.
Man könnte die Story auch als Blabla abtun, wenn man nur auf die beiden (!) Spielmodi schaut und für Immersion eh nichts übrig hat. Einen Multiplayer auf zwei Modi zu beschränken, muss nicht schlecht sein, wenn sie gut gemacht sind, aber es fällt beim The Last of Us Multiplayer direkt auf, dass es eigentlich nur ein einziges Team-Deathmatch mit leidlich unterschiedlichen Regeln ist. Bei Vorratsraubzug besteht die (nicht wirklich) komplexe Aufgabe darin, dass gegnerische Team zu erledigen, wobei der gewinnt, der als erstes 20 Abschüsse hat oder nach Ablauf des Countdowns vorne liegt. Genau, so etwas nennt sich Standardkost. Bei Überlebende geht es dann schon spannender zu und es ist die Variante, die weitaus besser zu The Last of Us passt als der schnöde Vorratsraubzug. In kurzen, direkt aufeinander folgenden Runden treten jeweils maximal vier Spieler gegeneinander an (immer Fireflies vs. Hunter) und auch hier gewinnt wieder das Team eine Runde, dass alle Gegner eliminiert bzw. am Ende am meisten Runden gewonnen hat. Der Unterschied: Bei Überlebende gibt es keine Respawns, tot ist tot, wenn auch nur bis zur nächsten Runde.
The Last of Us Multiplayer: Ein Hauch von Survival-Feeling
Durch den relativen Permadeath nimmt Überlebende ein wenig von der Beliebigkeit der gängigen Arena-Shooter, die bei Singleplayer-Shootern von Call of Duty über Far Cry 3 bis zu Crysis 3 mal besser und mal schlechter gelungen sind. Da man beim The Last of Us Multiplayer vergleichsweise wenig einsteckt, sollte man schon vorsichtig vorgehen, auf Deckung achten und vor allem den Teamgedanken hochleben lassen, der aber in meinen Sessions bislang eher unterentwickelt war. Passend zu den kleinen Teams sind auch die Maps dementsprechend gestaltet. Sie sind eher Minimaps und relativ schnell kommt man dahinter, welche die immer gleichen Stellen sind, an denen es rund geht. Langeweile kommt bei kleinen Maps nicht auf, zum Glück auch selten Hektik, aber gerade bei einem Spiel mit Survival-Ausrichtung wie The Last of Us gehört meiner Meinung nach ein wenig (vordergründiger) Leerlauf dazu, um die nötige Spannung aufzubauen, wenn es dann rund geht. Mit diesem Quasi-Realismus hat der The Last of Us Multiplayer leider wenig bis nichts am Hut, wenn man mal davon absieht, dass im Gegensatz zur Kampagne ein Headshot ausreichen kann, um einen Gegner tödlich zu treffen und nicht sechs oder sieben Schüsse. Irgendwie erinnert mich The Last of Us Multiplayer an Insurgency. Dieses kleine Indie-PC-Projekt sieht aber nicht nur weitaus besser aus (man merkt der PS 3 halt ihr Alter an…), sondern verzichtet auf den ganzen Schnickschnack drumherum, mit dem Naughty Dog wohl einerseits dem Zeitgeist huldigen will, andererseits aber den Eindruck entstehen lässt, dass man in letzter Konsequenz lieber auf Mainstream setzt. Reduzierung auf das Wesentliche ist definitiv eine Chance, man muss sie nur nutzen wollen (und können).
The Last of Us Multiplayer: Basteln und shoppen in bleihaltigem Ambiente
Diese ganze Upgraderei und Skillausbauerei ist in modernen Arena-Multiplayer-Shootern mittlerweile austauschbar und beliebig, es macht halt jeder das gleiche. Nur Naughty Dog nicht, die machen es dann lieber genauso und gleichzeitig noch schlechter. Anstatt es bei vier frei modifizierbaren Ausrüstungssets sowie vordefinierten Angriff, Scharfschütze, Unterstützer und Lautlos-Sets zu belassen, gibt es tatsächlich in der Welt des The Last of Us Multiplayer unsichtbare Shops (!), bei denen man mitten im Gefecht (!!!) seine nicht näher definierten Teile (die übrigens völlig unlogischer Weise nach Beendigung einer Session in Vorräte für die Lagerinsassen umgewandelt werden), gegen Munition, Waffenverbesserungen und Rüstung tauschen kann. Die Herausforderung: Nicht zu shoppen, während geschossen wird. Ansonsten kann man sich noch blöde anstellen, wenn man meint, während eines Schusswechsels basteln zu müssen, denn ebenso wie in der Kampagne können auch bei The Last of Us Multiplayer Molotowcocktails und Medi-Kits zusammengesetzt werden, was aber seine Zeit benötigt. Nächste Logikschnitzer: Um sich selbst zu heilen, benötigt man ein Medi-Kit, will man aber ein Teammitglied retten, benötigt man dafür keines. Verstehe das wer will.
Während die mysteriösen Teile sich noch in der The Last of Us-Kampagne durch den Endzeitcharakter halbwegs erklären ließen - denn natürlich liegt Kram herum, wenn es mit der Zivilisation den Bach runtergeht - wirken sie als Währung im The Last of Us Multiplayer eher lächerlich. Denn man erhält diese Teile, wenn man entweder ein Teammitglied wiederbelebt, einen Gegner markiert (wobei im Spiel unklar bleibt, womit man ihn eigentlich markiert, es scheint wohl eine geheime Zauberkraft aus dem Wunderland zu sein, in dem es unsichtbare Shops gibt) oder bastelt. Das fühlt sich sehr danach an, dass Naughty Dog den Spieler dazu zwingen möchte, seine so genannten Features unbedingt zu nutzen, auch wenn sie noch so aberwitzig sind. Trotzdem: Wer etwa in Überleben noch in den späteren Runden eine Chance haben will, sollte schon mit einem Auge darauf schielen, einige wunderliche Teile zu sammeln, um wenigstens nicht ganz schutzlos ins Gefecht ziehen zu müssen.
Ist das Konzept im The Last of Us Multiplayer schon auffällig schlicht, kann man mit martialisch-abseitigen Extrem-Exekutionen sogar noch einen draufsetzen, um in einem noch schlechteren Licht dazustehen. Copyright: Naughty Dog.
Nein, Naughty Dog, die Stärken des The Last of Us-Singleplayers habt ihr nicht in den Multiplayer transferieren können. Schade, damit wurde gerade den Hardcore-Konsoleros mit Blick auf DayZ eine PC-Erfahrung vorenthalten, die auch ihnen hätte gefallen können. Gerade bei einem ernsthaften Endzeit-Szenario, das aus sich heraus naturgemäß mit Reduzierungen arbeitet um Spannung aufzubauen, wäre es doch kein Wunderwerk, die konzeptionelle Vorlage ordentlich für den The Last of Us Multiplayer umzusetzen. Bei 4 vs. 4-Gefechten und einer im Vergleich zum Uncharted 3 Multiplayer auffallend schlechter daher kommenden Optik sollte technisch sogar noch auf der ergrauten PS 3 ein wenig Luft geblieben sein, um die Maps größer und interessanter zu machen. Oder am Gameplay zu schrauben: Mit einer signifikanten Abnutzung von Waffen, stark begrenztem Loot und völlig ohne unsichtbare Shops würde der The Last of Us Multiplayer enorm an Dramatik gewinnen. Auch die Steuerung ist verbesserungswürdig: Das Zielen ist weiterhin Naughty Dog-like recht schwammig, das freie Deckungssystem ohne System genauso inkonsequent wie unübersichtlich. Überflüssig ist ebenso die Geschichte mit dem nervigen Rucksack-Öffnen per Select-Taste, um etwa an ein Medi-Kit zu gelangen (oder per R 1 den unsichtbaren Shop zu besuchen). Was für eine völlig überflüssige Reminiszenz an das Arma-Franchise und DayZ, die das wenigstens mit Simulationsanspruch konsequent und durchgehend umständlich gestalteten und nicht simples Mainstream-Geballer mit unkomfortablen Schnickschnack kombinierten!
Dabei ist die Grundidee, einen Multiplayer mit einer an die Singleplayer-Kampagne angelehnten Story zu verbinden, eigentlich aller Ehren wert. Da kreative Ideen immer günstiger sind als deren Umsetzung, erleben wir mit dem The Last of Us Multiplayer zwar keinen gänzlich unmotiviert angeklatschten Baller-Modus, aber einen Multiplayer, der viel zu deutlich hinter den Ambitionen von Uncharted 3 abfällt. Naughty Dog arbeitete für den Onlinepart wahrscheinlich mit einem vergleichsweise kleinem Budget, das aber weitaus besser zu nutzen gewesen wäre - zum Beispiel wenn man alles, was sich inhaltlich nicht nachvollziehbar erklären lässt, einfach mal komplett rauslässt. Aber da scheint es die Furcht vor dem Call of Duty-Mainstream-Gamer zu geben, der angeblich nur blödes Geballer will, was ich aber nicht glauben kann.
Hier geht es zur Singleplayer-Review The Last of Us: Der Einstieg !
Hier geht es zur Analyse des The Last of US Gameplays !
6 Comments
mrbackhand
Der Multiplayer ist einfach nur schlecht . Ich kämpfe um mein Leben und bewege mich im Zeitlupentempo und krame in unsichtbaren Shops….
Sch… auf Innovation,ein UC 3- Multiplayer-Klon im The Last of Us Universum hätte viele Spieler und vor allem mich glücklich gemacht.Dieser MP wird in wenigen Monaten kaum noch Spieler haben.
Jens
Ein Klon wäre doch auch nicht das Wahre gewesen, oder? Deine Prognose teile ich und finde es bedauerlich, dass so eine große Chance verpasst wurde!
Anonymous
Kann ich überhaupt nicht zustimmen, finde das The Last of Us einen unglaublich guten Multiplayer hat, der definitiv sich von durchschnitts multiplayer unterscheidet und es unglaublich spannend macht. Vorallem wenn man mit der community über headset spielt, und taktisch vorgehen will, bekommt man das gefühl ums Überleben zu kämpfen und einer der letzten zu sein die auf der erde verweilen. „Sinnloses rum geballer“ kann man über jedes Shooter oder Action game behaupten, wie soll man sich sonst verteidigen mit Steinen? Dazu sollte man erwähnen, dass man wenig munition hat und somit das „rumgeballer“ eher in überlegten und taktischen schüssen verwertet. Darüberhinaus kann ich überhaupt nicht nachvollziehen wie man die logik des shops oder der heilmethode hinterfragen kann, da man in anderen multiplayer es auch nich logischer vorfindet. z.B battlefield reanimation mit defibrillator mitten aufm schlachtfeld…
Jens
Die Einschätzung im Text ist natürlich völlig subjektiv und man kann das gerne anders sehen. Aus meiner persönlichen Sicht ist der MP ein Rückschritt zu Uncharted 3. Die unsichtbaren Shops passen halt gar nicht und noch wenger als das zu Recht von dir erwähnte und kritisierte Gedöns bei BF3.
Wie oft hast du wirklich ernsthafte Probleme mit der Munition gehabt? Nicht ganz so oft, oder? Ich finde das Feature halbherzig umgesetzt. Wie gesagt, ist Geschmacksache, ich hätte weniger Munition und gar keine unsichtbaren Shops stimmiger und auch spannender empfunden.
Roberto
Schade drum, aber ich hielt einen Multiplayer für The Last of Us sowieso für eine völlig überflüssige Idee, die wohl wieder nur den aktuellen Trends geschuldet ist. Man hat geschaut, was halt heute so (angeblich) in einem Spiel sein muss und nicht überlegt, ob es den Titel besser machen würde.
Jens
Man hätte es ja gut machen können. Der Uncharted 3-Multiplayer wurde vor Release auch erst belächelt und war dann doch eine runde Sache für das reine Arena-Shooter-Genre. Ich könnte mir gut vorstellen, dass ihn heute noch mehr Leute spielen als den von Crysis 3 oder Far Cry 3 - daher hätte es schon was werden können prinzipiell! Aber die Geschichte gibt dir recht!