Selten kam ein Rückblick in einem Game zu einem besseren Zeitpunkt als die New Jersey-Geschichte in Max Payne 3. Ausgelaugt von den nicht enden wollenden Ballereien gehen KI-Idioten in den Docks war es an Zeit dem Spiel einen entscheidenden Dreh zu geben. Der Blick zurück ist dafür ein geeignetes und bewährtes Instrument, weil es der Gegenwart mehr Gewicht verleihen kann (wobei es mir persönlich schnuppe ist, inwiefern historisch korrekt aus den ersten beiden Teilen zitiert wird), einen neuen Blick auf den Charakter Max Payne wirft und zudem das Game auflockert.

Wobei die New Jersey-Kapitel selbstverständlich extrem heikel sind, weil die alte Fangemeinde, bewaffnet mit allen Max Payne-Wikis dieser Welt, mit Adleraugen auf Ungereimtheiten achten und gegen Rockstar verwenden wird. Letztlich ist dieser Konflikt nicht zu vermeiden und die New Jersey-Abschnitte mutiger als Max´neuer Haarschnitt, den er uns zum Favela-Abschnitt präsentiert. Trotzdem: Ein Rückblick ist nicht innovativ, fügt der Spielwelt nicht Neues hinzu und somit bleibt es bei der in den letzten Teilen geäußerten Vermutung: Was das Gameplay betrifft, wird in Max Payne 3 nichts revolutionäres geboten. Einerseits bin ich deswegen ein wenig überrascht und enttäuscht. Andererseits dreht Rockstar so elegant, brutal und beeindruckend an der Eskalationsschraube, dass mir in manchen Passagen - wie etwa im Höllenfeuer oder in den größeren Favela-Gefechten, das Adrenalin bis in die Haarspitzen schoss. Ein knallharte, depressive und von Todessehnsucht durchtränkte Atmosphäre zu erschaffen und diese durch monumentale Gewaltausbrüche zu durchbrechen, ist eine wahre Meisterleistung.

Nachdem er den Grabstein seiner Frau als Deckung missbrauchte, verlässt Max den Friedhof unbehelligt…nicht, natürlich.

Warum Max nach Sao Paulo übersiedelte und was ihn mit dem leider blass bleibenden Passos verbindet, erfahren wir in besagtem Rückblick. Stimmungsvoll ist das Friedhofskapitel, wenn auch (siehe Bildunterschrift) reichlich zynisch. Neben den bekannten Gefechten müssen wir taktischer vorgehen und besonders in der Kapelle sorgsam mit der Bullett Time umgehen. Der Kontrast zwischen dem sonnigen Brasilien und dem nebligen Friedhofsambietente ist größer kaum auszudenken, wirkt aber stimmig. Wir können uns mehr in die persönliche Max Payne-Hölle einfühlen und das ist viel wert in einem Third-Person-Shooter, weil er die heftige Gewalt in einen adäquaten Rahmen setzt, anstelle sie zum Selbstzweck verkommen zu lassen.

Max Payne kann auch Friseur.

Unser Weg immer tiefer in die Favelas erinnerte mich an eine Reise ins Herz der Finsternis, nur ohne Marlon Brando. Ausgehend von einer kleinen Hinterhofparty entdecken wir, während sich die Gewaltspirale munter weiter dreht, eine wahre Hölle und einen Sumpf aus Drogen, Armut, sexueller Gewalt und fehlender Moral. Hier wird sogar Max zum Engel. Na ja, halbwegs, vielleicht sind die Favela-Gangster (und amerikanischen Sextouristen) einfach nur noch kaputter als Max. Der Häuserkampf ist eine zweite Reminiszenz an Call of Duty, hier speziell an Modern Warfare 2, allerdings zeigt Max Payne in diesem Fall dem Vorbild wie man es richtig(er) macht. Was übrigens genauso für den Multiplayer gilt, was neben meiner Wenigkeit auch Kollege Peter meint. Das Finish in den Favela ist beeindruckend und darf auf keinen Fall gespoilert werden. Es ist der Ton dieses Spiels, keine Gnade zu kennen. Und diese Härte ohne Kompromisse durchzuziehen. Vielleicht ist das die Innovation, die ich suchte. Nach den Favelas musste ich erst einmal Luft holen. Langsam geht es dem Ende entgegen…und das wird auch das Thema des letzten Tagebucheintrags sein.

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2 Antworten : “Max Payne 3: Diary 3”

  1. Hab ja erst kürzlich MW 2 beendet und die Favela dort fand ich relativ öde. Schön, dass Rockstar das offenbar besser hinbekommen hat.

    • Bei MW 2 sucht man leider vergeblich nach einer eindringlichen Atmosphäre oder einer Story mit Verstand und Logik…und deswegen ist es dann auch nicht mehr als wildes Geballer. Da zeigt Rockstar Infinity Ward aber ganz ordentlich die Rücklichter! ;-)

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